B 77 Frage zur Aussteuerung

Fragen und Antworten zur Technik bei den ReVox-Klassikern. Von der 36er-Serie bis zur C-Serie.

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outis
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B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von outis »

Hallo,

ich habe es ja geahnt - kaum ist meine Revox angekommen, schon geht's los mit der Fragerei. ;)

Nach der ersten Freude über scheinbar problemloses Funktionieren des guten alten Stücks ist mir folgendes aufgefallen:

Der Pegel vor Band ist höher als hinter Band. Dementsprechend schlagen die VU's bei Aufnahme weiter aus als bei Wiedergabe. Wo ist da anzusetzen? Kopfreinigung, Köpfe hinüber, Entmagnetisierung oder ...

Die Maschine soll laut Vorbesitzer auf's RMG LPR 35 eingemessen sein - und das habe ich im Einsatz.

Danke im voraus.
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von PhonoMax »

Lieber Jochen,

auch hier muss man wohl einige Kreise ums Thema schlagen, um dem Sachverhalt gerecht werden, glaubwürdige bis wahrscheinliche Kriterien der wirklichen Ursächlichkeit abschätzen zu können. Od'r: Da kommt vielleicht mehr zusammen.

Du erwähnst keine hörbaren Aufzeichnungsmängel (Sättigungserscheinungen, "Rotzen" tiefer Töne), die dann eigentlich auftreten müssten, wenn das Band an seine Aussteuerungsgrenzen gefahren würde, womit dann zwangsläufig ein Pegelverlust über Band einherginge. Du scheinst aber eine Anzeigeabweichung erkennen zu können. Wenn das bereits so deutlich ist, liegt etwas vor. Dazu nun meine Anmerkungen, die aber eine remanente Magnetisierung der Köpfe und/oder Bandführungen, verschmutzte oder abgefahrene Köpfe als eher unwahrscheinlich bereits ausklammern. Dies hätte dich nämlich zu Hinweisen auf eine miserable Wiedergabequalität schlicht herausgefordert.

Zunächst müssen wir das Verfahren der Aussteuerungsmessung bei Amateurgeräen eigentlich bereits kritisieren, denn die VU-Technik ist -soweit sie weltweit trotz aller Unterfreulichkeiten verbreitet war- eigentlich zum sinnvollen Ausnützen der relativ begrenzten Betriebsdynamik eines analogen Magnetofons kaum brauchbar. Das rührt aus der gemäß ASA-Norm mit 250 bis 300 ms sehr langen Messintegrationszeit des Anzeigers, die für statische Pegelmessungen im Fernsprechnetz bzw. stehenden Leitungen (da kommt die VU-Norm der Amerikaner her) keine Behinderung darstellt, wohl aber für die Erfassung bereits kürzerer Impulse, die eine Musikmodulation für die Aussteuerungsmessung in relativ engen Übertragungskanälen -die knapp 60 dB des Magnetofons und des UKW-Verfahrens chrakterisieren solche- aber delikat machen. Man versuchte dem beim VU-Meter dergestalt zu entgehen, dass man dem VU-Messer einen 'Lead', eine Vorlaufgröße verpasste, die etwa zwischen 5 und 10 dB liegt. Man machte das Messwerk für statische Töne also um 5 bis 10 dB empfindlicher, um dem auf einem mittleren Pegel reitenden Impulswust einer Musikmodulation gleichsam Luft zu verschaffen. Das 'geht so einigermaßen', ist aber eigentlich keine zutreffende Messung der pegelverhältnisse und erschwert obendrein den Umgang mit solch einer Einrichtung beim Abgleich mit statischen Tönen. Besser ist/wäre es, einen Spitzenspannungmesser mit einer sinnvoll (nach den Eigenschaften des menschlichen Gehörs und des Magnetofons) gewählten Integrationszeit zu verwenden.
Solch ein Spitzenspannungmesser kostet aber, weshalb derlei Geräte im Wesentlichen professionellen Nutzern vorbehalten blieben. Wenn du allerdings einmal mit Anlagen nach BBC, Nordic oder DIN gearbeitet hast (logarithmische Skala über 60 dB und Integrationszeiten zwischen 5 und 10 ms) gearbeitet hast, wirst du nie mehr zu VU-Metern zurückkehren, ja fragen, wie eine Arbeit damit möglich war, sofern du selbst produzierst.

Seit der A700 und dann der B77 installierte Studer zur Kompensation dieses klassischen VU-Mangels unzureichender Impulsmessung eine LED-Anzeige, die bei kurzfristiger, realer (also ohne Lead zustandegekommener) Erreichung des Vollaussteuerungspegels anspricht und so zumindest einen Warnhinweis dahingehend auswirft, dass man sich von nun an ein wenig vorzusehen habe. Was aber genau vorliegt, weiß man damit natürlich noch immer nicht. Der B710 hat dagegen immerhin einen Anzeiger, der weitgehend den Vorgaben von DIN folgt, bis -40 dB hinab-, +8 dB hinaufreicht und zudem mit 10 ms integriert. Solch ein Messgerät wäre 'eigentlich' (und idealerweise auch noch verbessert) für die B77 wünschenswert gewesen .....


Die aus der A77 entstandene B77 nun arbeitet zusätzlich mit einem vergleichsweise höheren Magnetisierugspegel (VA=514 nWb/m), der, bedingt durch die Gerätekonzeption, bei 9,5 und 19 gleich ist. Das ist selbst beim relativ starken Langspielband mit neuestem Magnetit unter dem Aspekt eines anzustrebenden minimalen Klirrfaktors bereits durchaus reichlich, da mit LPR35 bei 19 cm 3 % Klirrfaktor bei knapp 800 nWb/m erreicht sind, was einer nach DIN gemessenen Aussteuerung von +3,5 dB entspräche. Wenn also bei Musikmodulation dein VU-Meter auf +3,5 VU ausschlägt, sollten bereits Sättigungserscheinungen einsetzen. Bei 9,5 verschärft sich die Situation bereits um etwa anderthalb dB, weshalb man bei 9,5 nicht mehr über +2 VU hinausgehen sollte, um Sättigungen nicht zu drastisch hörbar werden zu lassen.

Vorauszusetzen ist dabei aber, dass die Maschine wirklich sauber auf das jeweilige Band eingemessen worden sein muss, um im Rahmen der Fertigungsstreuungen auch eines modernen Bandes dessen Betriebswerte möglichst zuverlässig ausnützen zu können. Hier meine ich in deinem Fall die bestehenden, von dir kostatierten Probleme mit größter Wahrscheinlichkeit ausmachen zu dürfen. Wer hindert einen heutigen "geschäftstüchtigen", "pfiffigen", also durchaus dem Beschiss zugeneigten Verkäufer daran, dir etwas von Fuchs und Has' zu erzählen, was du nicht kontrollieren kannst. Der Unfug, der bei Ebay (und auch in Highenderkreisen) erzählt wird, ist ja so beispielhaft wie zur Erzielung hoher Aufzeichnungsqualität -die gibt's bitte seit Jahresende 1941!- wenig dienlich. Mit ihm wäre aus dem Magnetofon sicher nichts und aus dem Regensdorf-Nassenwiler Willi (Studer) etwas anderes geworden. Allein, es hat nicht sollen sein, Drs. Walter Weber und Hans-Joachim von Braunmühl wussten, was sie taten, und ihre Nachfolger taten's ihnen so perfekt nach, dass aus den Erfahrungen Dr. Webers (1907-1944) im späten März 1940 eine Erfolgsgeschichte sondergleichen werden konnte, weil man verstand, was man tat.


In deinem Falle dürfte die fachlich eiinwandfreie Kontrolle der Maschineneinmessung mit Überprüfung der VU-Anzeige wohl innerhalb von wenigen Minuten darlegen, woher der angezeigte Pegelunterschied rührt. Ein Bezugsband, ein Tongenerator, Oszilloskop, Tonfrequenzmillivoltmeter und einige Kenntnisse reichen dafür hin. Kennst du in deiner Umgebung jemanden, der Bescheid wüsste und einschlägig Vertrauen verdient?

Hans-Joachim
Zuletzt geändert von PhonoMax am Sonntag 23. Dezember 2007, 22:52, insgesamt 1-mal geändert.
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uliheinz
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von uliheinz »

Hallo und Servus Jochen,
ich habe seit 25 Jahren eine B77 und von Technik keinen großen Schimmer.
Die B77 lief und läuft nur ab und an,alte Aufnahmen "quitschten",die Aussteuerung passte nicht, was mich dazu bewog etwas im Internet nachzuforschen.Also die Drossel zum Entmagnetisieren gekauft, die alten Bänder entsorgt,neues gekauft.Mit dem Revox Reinigungsset alles was dreht oder sich bewegt gereinigt.Das Teil zu einem Fernsehmeister zum Bandeinmessen und Einstellen gebracht.60 Euro,kleines Geld.Ergebnis.....wie bei dir,immer noch großer Unterschied der Aussteuerung zwischen Vorder und Hinterband.Also auf nach Villingen zu Revox.Große Durchsicht,neue Köpfe,obwohl ich dachte die Alten sind noch gut.
Fazit:1 Tag Urlaub-1 Tank Benzin-550 Euro Reparaturkosten--Wunderbarer Klang.
Tut mir leid dir keine "günstigeren Infos" zu geben.
Gruß Uli
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von outis »

Ich danke euch für eure Antworten. Glücklicherweise habe ich nicht erwartet, dass das alte Schätzchen ohne Zuwendung problemlos läuft nach all den Jahren. ;)

Ich denke, es wird ein Fall für den Fachmann: Heute morgen wurde beim ersten Test mir nur ganz schwachem Pegel aufgezeichnet, kaum hörbar. Na gut, denkt der Laie, vielleicht Band nicht richtig eingelegt. Also nochmal. Zweiter Anlauf: Zunächst keine deutlich auffallenden Pegelunterschied vor/nach Band. Nach einigen Minuten schienen die Unterschiede größer zu werden. Hm, da ich meinen alten Ohren nicht ganz traue und die Einbildungskraft eine große ist :D , werde ich die Maschine mal nach den Feiertagen von einem Arbeitskollegen (seines Zeichens großer Tonbandfreak vor dem Herrn) begutachten lassen - vier Ohren hören bekanntlich mehr als zwei.

Außerdem scheinen die Aux-Cincheingänge mal nachgelötet werden zu können, vielleicht liegt's aber auch am Kabel - auch das bleibt zu testen...

@Hans-Joachim
Persönlich kenne ich keinen mit technischer Ausstattung für so ein Vorhaben, aber besagter Kollege... Wie das halt so ist. ;)

Ich wünsche euch allen eine gesegnete Weihnacht und erholsame Tage.
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uliheinz
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von uliheinz »

Hallo ans Forum,servus Jochen.
Wie geschrieben,dachte auch so ein Fernseh und Radio Experte hat das nötige Now How um ein bisserl zu schrauben und einzustellen.Es ist jedoch,wie von Hans Joachim beschrieben eine Angelegenheit mit erforderlichen Equipment.Hoffe für dich dein Kollege kann helfen.Noch ein Satz zur Aussteuerung.
Was glaubst du wie enorm der klangliche Unterschied einer Aufnahme ist,wenn alles passt!Bei unseren über 20 Jahre alten Maschinen ist das jedoch nicht mit ein wenig saubermachen,reinigen und einstellen getan.
Schöne Grüße Uli
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von Dietmar »

Hallo Jochen,

bei meiner B77 liegt das gleiche Problem vor. Zwar ist die Differenz zwischen Vor- und Hinterband nicht so gravierend,
aber es stört. Ich habe meine B77 seit etwa 1980 (neu gekauft). Sie stand jetzt lange Zeit ungenutzt im stillen
Kämmerlein. Nachdem ich sie nach etwa 12 Jahren wieder aktiviert habe fällt mir dieses Problem auf. Meine alten Bänden
(Revox-Schmierband) bin ich z.Zt. am entsorgen und kaufe RMG PER 528. Ich werde erst gar nicht von irgend jemanden
an der Maschine herumdoktern lassen, sondern gleich "zum Schmied" gehen. Ich glaube alles andere bringft nichts und
kostet nur Geld und Ärger. Schlussendlich bringst Du sie dann doch zum Spezialisten.

Das mag zwar ein paar Euros mehr kosten, doch der anschließende ungetrübte Genuss überwiegt und Du hast dann längere
Zeit Ruhe, glaube ich zumindest.

Viele Grüße aus Mainfranken und schöne Weihnachten
vom technischen Laien

Dietmar
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von outis »

Dietmar hat geschrieben:Nachdem ich sie nach etwa 12 Jahren wieder aktiviert habe fällt mir dieses Problem auf.
Das spricht dann ja nicht unbedingt für abgenutzte Köpfe, sondern eher für etwas im Dunstkreis verrotteter Kabelanschlüsse/Lötstellen/Kondensatoren o.ä. - denkt sich zumindest der Laie.
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PhonoMax
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von PhonoMax »

Unsereiner kann natürlich müßig reden, wenn er sich im Grunde seit vierzig Jahren sukzessive in solch eine Technik soweit eingearbeitet, ja vergraben hat, dass selbst mehr als zwanzig Jahre Distanz die Verinnerlichung der Grundprinzipien analoger Speicherung nicht zerstören konnten. Durch eine Berufswahl wurde zwar das eine oder andere beim Verständniserwerb erleichtert, doch nicht so nachhaltig beeinflusst, wie die Konzentration einer Denkart auf die wirklich wesentlichen Elemente der Hochwertigkeit des analogen Aufzeichnungsverfahrens.

Hat man das kapiert, erübrigen sich Diskussionen um die Bärte der Kaiser. Jenes Kapieren erschöpft sich im Grunde in den beiden Elementarsäulen des Weberschen Magnetofons, so da sind: solide Einmessung vor dem Betrieb und kundige Aussteuerung währenddessen. Die angemessene Lagerung des Speichers (vulgo: des Bandes) stellt da nur noch einen Elegantheitsfaktor dar, ohne den man durchaus auskommen kann (solange die Produktionen nicht zu teuer waren).

Dies erklärt außerdem universell, warum eben schon 1941 überaus hochwertig aufgenommen werden konnte, warum die RRG-Stereos von 1943/44 den heutigen, kundigen Hörer schlicht sprachlos machen können, obgleich das Band vor 65 Jahren nicht annähernd den qualitativen Standard unserer Tage erreicht haben konnte. Wie auch, man stand doch wirklich noch am Anfang, drei Jahre nach der praktischen Entdeckung der Hf-Vormagnetisierung für das Magnetofon. Aber: Wenn die Maschine sauber arbeitete, und man zudem wusste, wie man mit ihr (Aussteuerung) adäquat umging, blieben schon 1941 bzw. 1943 vergleichsweise wenige Wünsche offen. Man hatte lediglich zu akzeptieren, sich dem Anforderungensspektrum des Verfahrens stellen zu müssen.

Dem Profi fällt das meist sehr leicht, der Amateur tut sich -aus dem Nichts an Vorwissen agierend- sehr schwer, weshalb ihm ohne tieferes Einsteigen in die Prinzipien einer technologie eigentlich nur die praktisch komplett vorgefertigten "Softwarelösungen" unserer Tage jenen Erfolg versprechen, den Profis der Tonaufnahme schon in den 1950ern erzielen konnten.
Bei sterbenden oder bereits toten Techniken -Webers Magnetofon gehört dazu- gibt es aus diesen Gründen letztlich für den engagierten Liebhaber nur einen (1) Königsweg: Selbst jene Qualifikationen zu erwerben, die den Profi zumindest geräteseitig befähigten, die angesprochene Qualität zu erzielen.

Diesen Weg des Verständnisses, der immer auch aktuelle (um nicht zu sagen modernistische) technologische Standpunkte aus einer ungewohnten Warte im Schräglicht heilsam beleuchtet, beschreiten zu lernen, wollen meine oft langen Statements auch für den Liebhaber möglich machen. Deshalb kommen immer wieder auch Empfehlungen für das Studium von Schlüsselliteratur, die es bei abgeschlossenen Technologien auch regelmäßig gibt, oft schon seit Jahrzehnten.

Befasst euch daher mit den Fragen der Einmessung des Magnetofons, vielleicht sogar mit dessen Geschichte ("Alles hat seine Entwicklung!") und des adäquaten Umgangs mit dem Prinzip Aussteuerung (vom Gerät bis zum Band!) und ihr habt andere Erfolge. Obendrein lernt ihr, dass die Unterschiede zwischen der A80 und der B77 andere sind, als die einer verabsolutierten "Klangqualität" vorgeblich anderer Dimensionen. Die sind nämlich praktisch gleich, bitte um Vergebung. Wenn Onkel Franzls Mitschnitt der Familienfête 1981 jämmerlich tat, der Rundfunkmitschnitt einer Dichterlesung aus dem selben Jahr aber erlesen, dann lag das nicht an der B77 im einen und der M15/A80 im anderen Falle, sondern schlicht daran, dass der eine wusste, was zu tun war, der andere aber nicht. Lernt man da -und sei es spät- ein bisschen dazu, vertieft sich nicht nur dem Umgang mit einem reizvollen Steckenpferd, sondern auch die Einsicht in das, was technologische Entwicklung und Kultur sind, bzw. sein könn(t)en.

Also:
Den glänzend lesbaren Engel, Schallspeicherung auf Magnetband, Leverkusen 1975 durchsehen/durcharbeiten. Die Technik des Magnetofons begegnet einem danach anders, eine Faszination erhält Grundlagen. Meine Hilfe dabei ist dem Interessenten sicher.

Hans-Joachim
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uliheinz
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von uliheinz »

Hallo an euch,
Hans Joachim deine etwas tiefer in die Materie der Tonaufzeichnung führenden Sätze zeugen von umfangreichen Fachwissen.Liest man deine anderen Beiträge,bestätigt sich dieser Eindruck.Wie du auch berichtest,ist dieser Erfahrungsschatz im Laufe von Jahrzehnten entstanden.Das du deine Erfahrung nicht im kleinen Kämmerlein vergräbst,sondern suchenden deine Hand reichst,ehrt dich.
Natürlich spreche ich nur für mich,denke jedoch,dass 75% der anwesenden Forenbesucher auf meinem technischen Niveau weilen.Damit will ich sagen.
Ich sehe schon die 50 auf mich zukommen,stehe zum Glück im Beruf,habe eine Frau,drei, vier Hobbys die mich meine Freizeit sinnvoll füllen lassen.
Würde ich mich über Bücher in die Materie der Magnetbandaufzeichnung,der Geschichte der analogen Aufnahme einlesen,bräuchte ich neben der Lust,dem Biss,den technischen Geräten,vor allen einen Lehrer der mir das angelesene in der Praxis erläutert.Sonst würde ich es nicht verstehen.Das ist beim Pc ähnlich.Ich lese mir etwas an,verstehe auch nach überlegen und probieren etwas,doch mit einem Fachmann an der Seite würde manche Hürde leichter genommen.
Es ist interessant deine technischen Ausführungen hier zu lesen,mach weiter so,doch sei dir bewusst,es können nicht alle folgen.
Schöne Weihnachten Uli
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von outis »

Dietmar hat geschrieben:...sondern gleich "zum Schmied" gehen.
Was sagen die "gebrannten Kinder"? Muss es gleich Villingen sein oder reicht auch eine Revox-Service-Werkstatt? Hannover/Hamburg sind für mich eher erreichbar. ;)

Der Bauch sagt: "Eigentlich dürften die "richtigen" Kenner eher südlich sitzen", das Gehirn sagt: "...aber vielleicht tut's auch..."
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von flyingdoc »

Aus meiner eigener Erfahrung:

Bei Bandmaschinen Revox Villingen und DiBenedetto Zürich
meiden Revox Service Regensdorf, Revox Service München

im Bekanntenkreis positive Erfahrungen:

Revoxservice Waldshut
Dabelstein u. Lubos Köln

Eine 20 Jahre alte B77 erfordert einen Revisions-Aufwand von 400 - 500 Euronen (wenn die Köpfe noch o.k. sind)
Eingemessen am besten auf das RMG LPR35, da Quantegy 457 (Revox 641) nicht mehr produziert wird.

Zur Aussteuerung muss ich Hans Joachim voll recht geben. Da hat sich von A77 zu A700 etwas verbessert (Spitzenwertanzeige Lampe), bei B77 keine Verbesserung (im Hinblick auf B710, B215). Wer einmal mit einer optischen Spitzenwertanzeige gearbeitet hat oder versucht ein System mit VU-Metern einzupegeln, fragt sich wirklich was sich Revox bei den Amateurgeräten gedacht hat.
Grüsse

Herby
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von Struppi »

@ Hallo Herby,

das erklärt mir so vieles. Bei meiner B 710 muß ich beim aussteuern bis
in den roten Bereich gehen um eine vernünftige Aufnahme hin zu bekommen.

Mit weihnachtliche Grüße
Gruß
Rolf
PhonoMax
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von PhonoMax »

Nun, lieber Struppi,

von "müssen" sollte man vielleicht nicht sprechen 'müssen', sondern vielleicht eher von "können" oder "dürfen".

Auffällig ist natürlich das von VU-Metern üblicher Bauart abweichende, dynamische Verhalten der 710-Anzeigen. Sie nämlich entsprechen von der Messintegrationsteit her (10 ms) exakt den Vorgaben des IRT/RTI für professionelle Aussteuerungsmesser (wir haben das einmal in anderem Zusammenhang per Messung verifiziert), weshalb du hier einen klassischen 'deutschen' Spitzenspannungsmesser der Analogzeit zur Verfügung gestellt bekommst, bei dem lediglich der (wenn auch bereits logarithmische) Skalenverlauf von -30 bis +8 dB nicht vom IRT 'zugelassen' worden wäre, weil der Skalenumfang nicht weit genug hinunterreicht. Das IRT sah nämlich die Ablesbarkeit von -50 dB vor, während man sich oben mit +5 dB zufrieden gab. Auch das hat natürlich Gründe, die jetzt aber nicht unbedingt etwas zur Sache tun.

Hans-Joachim
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von Dietmar »

Struppi hat geschrieben:@ Hallo Herby,

das erklärt mir so vieles. Bei meiner B 710 muß ich beim aussteuern bis
in den roten Bereich gehen um eine vernünftige Aufnahme hin zu bekommen.

Mit weihnachtliche Grüße
Hallo Struppy,

das ist/war bei meiner B77 auch so. Revox schreibt zwar in der BDA, dass nicht in den roten Bereich hinein ausgesteuert werden soll, und beim Aufleuchten der Lampen ist die Aufnahme übersteuert. Das war bei mir nie so. Ich habe immer bis scharf an oder knapp in den roten Bereich hinein ausgesteuert und die Lampen haben auch hin und wieder aufgeleuchtet
(natürlich kein Dauerleuchten). Erst dann hatte ich das Gefühl eine gute Aufnahme gemacht zu haben.

Grüße
Dietmar
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uliheinz
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von uliheinz »

Hallo,
das Aussteuern,ab und an in den roten Bereich, haben mir die Experten in Villingen empfohlen.
Als meine B77,nachdem neue Köpfe,neues Band eingemessen war,zur Testaufname loslief,steuerte ich aus Gewohnheit nicht bis zum Aufflackern aus.
"Nur nicht so zögerlich"immer mal rein in den roten Bereich,war die Meinung der Techniker.Man könne aus einer Aufnahme das Optimum nur rausholen,wenns auch mal blinkt.
Ich lasse das so stehen,es wurde mir halt so empfohlen.
Gruß Uli
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von outis »

Na, da habe ich ja eine interessante und interessierende Geschichte losgetreten. ;)

Wenn denn sogar die Villinger sagen "Gib' ihm...", dann werde ich nachher mal ein paar Testreihen fahren - und eben nicht nach Vorband und Instrumenten aussteuern, sondern nach Hinterband und Gehör.

Die Köpfe etc. habe ich inzwischen auch mal gereinigt - scheint sich nach Augenschein gelohnt zu haben (brauner Schmadder kam da runter, lecker, lecker...)

Wir werden sehen und hören...
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von PhonoMax »

Lieber Jochen,

es ist kein Zufall, warum ich oben meinte, dein Thema mit dieser relativen Breitspurigkeit aufrollen zu sollen. Denn die Hochwertigkeit des analogen Magnetbandspeicherverfahrens ist nicht zuletzt durch die Geschichte der hochwertigen Aussteuerungsmessung bestimmt. Zu ihr gehört aber auch der Umgang mit der korrekten Zuordnung von Übersteuerungserscheinungen. Diese müsssen demnach nicht nur als solche bei der Aufnahme diagnostiziert werden, sondern durch möglichst umgehende und sachgerechte Maßnahmen -deren Unhörbarkeit ist dabei aber Prinzip- aus der Welt geschafft werden, was aber nicht immer ohne Zusatzmaßnahmen möglich ist. Diese Entscheidungen setzen daher ein nicht ganz unsesibles musikalisches und technisches Kalkül voraus, deren Verbindung in beiden Terrains Fachkenntnisse erfordern, die man erwerben kann und sollte. Die technischen Fachkenntnisse jedoch sagen einem, dass es dabei ohne einen zureichenden Aussteuerungsmesser nicht geht, den das VU-Meter aber genau und zumindest solange nicht bereitstellt, als die Betriebsdynamik des Magnetofons möglichst voll ausgenützt werden muss. Unabhängig von den wieder eigenen Problemen der Rauschminderung/Dynamiksteigerung von analogen Magnetofonen gilt dies also auf jeden Fall einmal bis zum Einsatz der genannten elektronischen Hilfsmittel (Rauschminderer etc.). Und die gibt es beim Liebhaber eigentlich erst seit der Zeit, seit der sich die Anbieter vom analogen Speicherverfahren verabschiedet haben.
Folge: Amateuraufnahmen glänzen nahezu durchwegs durch klassische Über- oder Untersteuerung, was allerdings nicht gerade selten auch mit den angewendeten Mikrofonierungen zusammenhängt, womit wir ein neues und vor allem endloses Thema aufrollen würden.

Ein "Gib-Ihm!" ist bei VU-Metern und höheren Bandgeschwindigkeiten (also ab 19 cm/s) durchaus möglich, ja vernünftig; doch sollte man immmer in der 'Umgebung' nachsehen, was sinnvoll, und -von seiten des Bandgerätes wie vor allem dem des Bandes- noch zulässig sein kann, wobei beim kontrollierenden Abhören während der Aufnahme über die Zulässigkeit zu entscheiden ist. Mit der Zeit erwirbt man dabei eine erhebliche Hörerfahrung, die einem zumeist schon anhand der Partitur sagt, was das Band im Rahmen eines vorgesehenen Pegelplanes noch wegsteckt. Spätestens beim ersten Hören kritischer Stellen wird es einem dann manchmal anders, wenn eine symptomatische spektrale Verteilung noch ohne intolerable Verzerrungen 'durchgeht', und man das nicht erwartet hat. Grundvoraussetzung hier ist wieder die korrekte Einmessung des verwendeten Bandes auf der eingesetzten Maschine, denn bei solchen Ritten durch des Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse ging es eigentlich immer ums letzte halbe dB. Das wiederum ist mit dem VU-Meter schlicht nicht erfassbar.
Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass der wohl erste 'moderne' Aussteuerungsmesser/Messverstärker (die Technik hielt bis die 1960er Jahre) in unserem Heimatland -der U10- aus dem Jahre 1937 stammt. Er enthielt übrigens im Kupferoxydulgleichreichter auch einen frühen Halbleiter als Logarithmierungseinrichtung.

Dass eben jene Erfahrung eine immense Rolle spielte und 'schon immer' in ähnlicher Weise vom tonverantwortlichen Personal erfühlt wurde, hört man indirekt auf anschauliche Weise in den Kopien der im Original leider verlorenen Bänder der ersten öffentlichen Vorführung des Hf-Magnetofons am 10. Juni 1941 in Berlin. Dort nämlich hält eine damals sehr berühmte Koloratursopranistin einen sehr hohen Liegeton derart lang (und demomäßig aufdringlich) aus, dass es dem damals am Wachs- oder Folienspeicher tätigen und erfahrenen Tontechniker oder Tonmeister den Angstschweiß auf die Stirn treiben musste, weil ein solches Signal 'eigentlich nur' mit unsterblichem Krachen auf der Platte zu verewigen, die Folie/Matrize also mit einem solchen Ton reif für den Papierkorb oder Wärmeschrank war. Und was machte das Magnetofon am 10. Juni '41? Es bot eine praktisch klirrfreie Wiedergabe. Der fachlich vorbelastete Hörer konnte daraufhin ob dieses unglaublichen qualitativen Fortschritts nur aus dem Häuschen sein: Der Speicher näherte sich offensichtlich dem Verhalten des Verstärkervierpols an. Der heutige, mit den Problemen der Aussteuerungsmessung vertraute Hörer kann das noch immer bis hin zum Anngstschweiß nachempfinden, denn er weiß, wie delikat -also entscheidend für das Gelingen der eigenen Arbeit- der Umgang mit der Aussteuerung ist.

Insofern kann man das Anschieben dieser Diskussion deinerseits gar nicht genug als Ansprechen einer interessanten 'Schlüsselqualifikation' für die analoge Arbeit würdigen. Es dauerte ja noch lange, bis analoge Speicher wirklich "Headroom" aufwiesen. Und dann war es eigentlich noch immer kein richtiger. Selbst die digitale Technik kam bei ausreichender Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden 16 Bit eigentlich nicht weiter als eine analoge Aufnahme bzw. das UKW-Verfahren. Es besteht deshalb nicht ohne Grund die Frage, ob wirklich mehr sein muss und wenn ja, warum....

Hans-Joachim
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von outis »

Hallo Hans-Joachim,

(nicht nur) deine Beiträge sind in der Tat höchst interessant zu lesen. Ich denke, wir sollten (mindestens) zweieinhalb Bereiche trennen:

1. Theorie und Praxis von Aussteuerung und Aufnahme.

1a. Theorie und Praxis von Aussteuerung und Aufnahme mit der B 77 und ihren diesbezüglichen Eigenschaften im Neuzustand.

2. den technischen Ist-Zustand meines Gerätes.

Letzterer ist definitiv nicht der im Sinne von 1a. ;)

Zum einen ist da ein Wackelkontakt - oder was auch immer dafür verantwortlich ist, dass bisweilen nur äußerst leise aufgezeichnet wird. Zum anderen halte ich die Köpfe für kurz vor dem Exitus: Auch wenn ich nach Gehör und Hinterband testweise ordentlich Gas bei der Aussteuerung gebe (so dass "Vorband" die Warnleuchten glühen), fehlt der Aufnahme die Brillianz des Originals. Eine solche Aufnahme klingt nicht absolut vermurkst, aber es lohnt sich auch nicht, mit dem Gerät im jetzigen Zustand Aufnahmen für's Archiv zu machen. Es sei denn, es wäre keine Frage der Köpfe, sondern der Einmessung. Aber wenn ich dazu tendiere, die Köpfe verantwortlich zu machen, dann auch deswegen, weil der Kopfspiegel schon recht breit ist (mindestens 3mm schätze ich mal - hab noch kein Maßband angelegt). Außerdem gibt's eine Pegelungleichheit zwischen linkem und rechtem Kanal.

Also Schlussfolgerung für mich: Erst einmal ab zur Instandsetzung und anschließend Umsetzung der aussteuerungstechnischen Theorie. ;)

Und wenn jetzt jemand sagt: Mein Lieber, das nächste Gerät holst du dir generalüberholt ab Werk, so sei ihm gesagt, dass er Recht hat...
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von PhonoMax »

Lieber Jochen,

wir sind natürlich ab vom ursprünglichen Thema; also geloben wir Besserung und sei es durch eine Schilderung dessen, was bei einer Überholung deines Gerätes vor sich gehen sollte, selbst wenn dabei mehr getan werden muss:

Ob und inwieweit ein Kopftausch bei dir angemessen ist oder sein könnte, enntscheide ich ungern anhand des Kopfspiegels, der mit 3 mm für den professionellen 38-Fahrer -ich bin halt ein Angehöriger dieser beruflichen Szene und noch rein analog 'groß geworden'- haarscharf am Neuzustand eines Kopfes vorbeischrammt.

Natürlich nehmen die Ansprüche bezüglich des Spaltaufschleifens -das verursacht durch die Erhöhung der Spaltdämpfung den nicht mehr zulässigen Verlust der Höhen- mit fallender Bandgeschwindigkeit zu; dennoch kann ich mir bei einem Tragbild von 3 mm Breite und den von Studerverwendeten Köpfen mit 2 bzw. 7,6µ breitem Spalt auch für 9,5 cm/s noch keine annähernd so gravierende Aufweitung des Spaltes vorstellen, dass ein Kopftausch erforderlich wäre. Dich hindert natürlich niemand daran, die Köpfe tauschen zu lassen; meine noch verbliebene A77ORF (sie ist als die ältere meiner ehedem zwei beschafften ein Produkt des Jahres 1976) und die ebenso von Anfang an bei mir befindliche B67 (nächstes Jahr wird sie 27 Jahre alt) laufen aber noch heute mit ihren Originalköpfen, nachdem sie jeweils etwa 10 Jahre im tonstudiomäßigen Betrieb verwendet wurden; und nur ausnahmsweise mit weniger als 38 cm/s. Für ihren tadellosen Zustand kann ich mich noch heute verbürgen.

Deine B77 muss solide untersucht werden; dazu gehört neben einer wirklich perfekten, artgerechten Reinigung der Kopfspiegel auch die nicht weniger perfekte Prüfung der elektrischen Werte ab und über Band:

In professionellen Kreisen legt man nach einer zur Bezugsbandschonung erforderlichen Entmagnetisierung des Bandlaufes ein tadelloses Bezugsband auf und überprüft den Wiedergabefrequenzgang und die Einhaltung der an bestimmten Stellen anstehenden Nennpegel.
Hält der Frequenzgang auf beiden Kanälen die von Studer aufgestellten Spezifikationen ein (9,5: 50 Hz - 10 kHz ± 1,5 dB, 19: 50 Hz - 15 kHz ± 1,5 dB) ist schon 'mal der Wiedergabezweig in Ordnung, die Wiedergabeköpfe damit auch. Lediglich bei einer ausgeprägten Beule des Höhenfrequenzganges nach oben (also einer ungewöhnlich guten Höhenwiedergabe bei der niedrigen Bandgeschwindigkeit) würde ich die Köpfe weiter beobachten. Sonst bis auf weiteres nicht. Diese ausgeprägte Höhenbeule deutet nämlich unter Umständen an, dass die Magnetisierungsverhältnisse bei 9,5 besonders gut sind, was oftmals mit aufgrund der Kopfabarbeitung besonders scharf keilförmig angeschliffenen Kernhälften der Köpfe, also einer letzten Apotheose vor dem Schlechterwerden einhergeht. Das halte ich aber in deinem Falle -auf 3 mm Breite abgeschliffener Kopfspiegel- für schlicht ausgeschlossen.

Bei jener Prüfung ist dann auch die Spaltsenkrechtstellung mit Hilfe der entsprechenden Aufzeichnung auf dem Bezugsband zu kontrollieren. Die Einstellungen bei Studer waren diesbezüglich immer sehr gut, aber nicht so perfekt, dass man mit den entsprechenden Fachkenntnissen nicht noch etwas bessere Ergebnisse hätte erzielen können. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die bestückten Kopfträger anscheinend nicht auf dem endgültigen, fertigen Bandgerät, sondern auf einer Messbank eingestellt wurden.

Ist die Wiedergabe o.k., prüft man den Aufnahmezug bei 20 dB unter VA (einschließlich Spaltsenkrechtstellung) und kontrolliert, ob die die Vormagnetisierungseinstellung mit dem verwendeten Band korreliert. Sollte da nichts Gravierendes zutage treten, wird die Vormagnetisierung korrekt justiert und der spezifikationsgemäße Höhenfrequenzgang via Equalizing eingestellt. Ist das für beide Geschwindigkeiten möglich, ohne die Trimmer auf Anschlag würgen zu müssen, besteht eigentlich kein Grund, Zweifel am Kopfzustand anzumelden.

Voraussetzung ist und bleibt ein tadellos sauberer Kopfspiegel. Nur minimale Verschmutzungen sorgen bei 9,5 durch den dann verschärften Abstandseffekt bereits für einen miesen Frequenzgang über Band und damit signifikante Unterschiede zwischen den Signalen "Source" und "Tape".

Bleibt allüberall Land in Sicht, darf (nach Maßgabe der Studer-Spezifikationen) weder ein Pegel- noch ein Frequenzgangunterschied Vor- vs. Hinterband auftreten. Wenn aber doch, ist einem ein Fehler bei der Einmesssung unterlaufen.

Hans-Joachim
Dietmar
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Re: B 77 Frage zur Aussteuerung

Beitrag von Dietmar »

Hallo Hans-Joachim,

als technischer Laie ist es nicht einfach deinen Ausführungen immer mit Leichtigkeit zu folgen. Man muss das eine
oder andere schon zweimal lesen (zumindest ich), um es wenigstens einigermaßen zu verstehen.
Aber es ist für mich sehr interessant, da zwischendurch doch ab und zu ein sogenannter Aha-Effekt auftritt.
Mein Revox-Verstand wird durch deine ausführlichen Beschreibungen doch etwas erweitert, was nicht schaden kann.
Damit habe ich mich, so um 1978 als ich meine erste A77, dann 1980 die B77 neu gekauft habe, überhaupt nicht befasst. Ist ja damals alles zur besten Zufriedenheit gelaufen. Die Probleme tauchen eben erst im Alter auf (betrifft nicht nur die Maschinen!!! :lol: ).

Ich finde, es ist gut, dass du versuchst mit deinen fachlichen Beiträgen die Diskussion der Laien in Bahnen zu lenken.
Dies ist nicht ironisch gemeint und hoffe, dass ich hier Zustimmung erhalte.

Ich weiß allerdings jetzt nicht, warum ich Revox in Villingen eher meiden sollte. Es liegt bei mir doch um einiges näher
als Hamburg.

Gruß

Dietmar
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