Lieber Boris,
Masseführungen, Erden und der Schutzleiter sind generell ein heikles Kapitel, vor allem in der Amateurtechnik, der von ihr abgeleiteten Band-Elektronik, aber auch in der professionellen Technik. Man kann vieles falsch machen, was dann die bekannten Forendiskussionen nach sich zieht. Verschärft hat sich die Situation nachhaltig, weil die Rechnerkönige an Netzwerk, Interface und Steckkarte von den Problemen der Audioelektronik (zumindest solange sie elektrische Verbindungen mit den Rechnern pflegt) offenbar wenig Ahnung, vor allem aber zu ihr wenig Sensibilität entwickelt haben.
Frage:
Wie gehen die Motus an den Rechner, elektrisch oder optisch?
Sind die Motus schutzgeerdet? Wenn ja, kann bei elektrischer Verbindung schon das erste Problem beim Zusamnmenwirken mit dem Rechner auftreten, weil heute zumeist konstruktionsseitig kein Unterschied mehr zwischen Schutzleiter und Betriebsmasse gemacht wird. Dies ist solange durchaus akzeptabel, als der Nutzer genauestens weiß, was er tut, wo er Ausgleichsströme zu erwarten bzw. zu befürchten hat, wie er ihnen begegnet, unvermeidliche weitgehend kompensiert etc. pp.. Aus diesem Grund wies die alte Studiotechnik ja auch die berühmt berüchtigten Verbindungslaschen zwischen elektrischer Erde (Schutzleiter) und Betriebsmasse der Audioelektronik auf. Die konnte man auftrennen. Das ist heute meist vorbei, vor allem aber sind die notwendigen Erfahrungen bei den Nutzern nicht mehr vorhanden, weshalb ich hier keine Experimente empfehle, sondern stattdessen zur Belassung der Verknüpfung von Betriebserde und Schutzleiter im 963 rate. Vermutlich fängt sich das Motu automatisch die Schutzerde/Masse des anhängenden Rechners ein, sofern du elektrisch verknüpfst.
Gegen die potenziell vorhandene Verbindung des Schutzleiters mit der Betriebsmasse im Motu-Interface darfst du schon aus versicherungsrechtlichen Gründen nichts machen, um nicht jeglicher Absicherung (die Versicherungen zahlen an sich sowieso nichts) a priori verlustig zu gehen. Aber das ist ja mehr als nur bekannt.
Sollte also das Motu eine Schutzerde aufweisen, sollten die Lineverbindungen zwischen Interfaces und schutzgeerdetem 963 nicht durchlaufen, sondern nur einseitig aufgelegt sein. In deinem Falle (konsequent symmetrische Verkabelung, also keinerlei Desymmetrierungen!) empfehle ich, den Kabelschirm nur auf der Studer-Seite anzulöten; die beiden Signalleitungen laufen natürlich wie gehabt durch, bitte ohne Phasendreher. Die 16 Verbindungsleitungen sind anderweitig damit natürlich nur bei symmetrischem oder geeignet desymmetriertem Gerät verwendbar, das nach Schutzklasse I versorgt wird. Bei professionellen Anlagen ist dies noch immer weitgehend die Regel, auch wenn inzwischen bei elektronisch symmetrierten Quellen und Senken die tatsächliche Erdfreiheit schlicht und keineswegs folgenlos auf der Strecke bleibt.
Also: Die Lineverbindungen erhalten keinen durchlaufenden Schirm. Sollte das Interface nicht selbst oder über den Rechner (Notebooks gibt in dieser oder jener Ausführung) audiogeerdet sein, wäre eine (1) Masse durchlaufen zu lassen, wenn man nicht besser Motu-Gehäuse und Studer-963 durch eine Masseverbindung (Litze) zwischen den beiden Gehäusen auf ein Masseniveau bringt und damit 16 gleiche Linekabel hätte.
Auf deine Erstfrage hin habe ich natürlich die sperrigen PDF-Unterlagen zum 963 am Rechner gewälzt, die auch für den Studerkenner zwischen 169 und 962 tatsächlich keine Hinweise auf die Beschaltung der Sammelanschlüsse zu enthalten scheinen. Ich wenigstens habe gezielt suchend auch nichts finden können. Merkwürdig. Ich glaube indes eher, dass ich da etwas übersehen habe. Nichtsdestoweniger ließe sich in Ergänzung zu Werners Hinweisen (aus erster Hand noch dazu!) ja auch der Einschub herausnehmen, um die Leitungsanordnung am Verbinder rückverfolgend zu analysieren. Man sieht dann schon, was a- bzw. b-Ader, was links und was rechts ist.
Hans-Joachim