Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

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revfan

Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Hallo,

ich möchte hier an Naviflux125 Thema: "Uraltes Tonband gefunden - wie weiter vorgehen?" und das von mir wieder aus der Versenkung hervorgeholte Thema vom leider offenbar nicht mehr aktiven Krottendorf "Unbekanntes Tonband?" anknüpfen bzw fortfahren.

Ich stehe jetzt vor der Frage, wie mache ich aus alten 76,2 cm/sek Aufnahme eine wirklich gute 38-er Kopie und zwar nicht nur aus ideologischen Gründen rein analog

revfan
Zuletzt geändert von revfan am Donnerstag 1. April 2021, 12:20, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Bandbeschleunigung

Beitrag von revfan »

Genauer gesagt geht es um Folgendes:

Die bereits angesprochenen Anorgana Genoton Bänder, die ich z.T. mit der Aufschrift "10.2.1951" erworben habe, haben natürlich meine Neugier geweckt, was denn da damals aufgenommen wurde. Das weiße ca 2 Meter lange Vorspannband lies eine Bandgeschwindigkeit von 76,2 cm/sek erwarten, wobei unklar ist, welche Entzerrung gewählt wurde. Zu Letzterem später.

Ich habe zwar mit einem Loewe-Opta bzw Max Ihle Markschorgast Ferrophon III c ein Gerät, dass 76 cm/sek bei noch dazu umschaltbarer Entzerrung "kann" und gerade auch für Kinos gedacht und propagiert wurde (auch dazu unten) aber es gibt zwei Probleme:

1.) Der Gleichlauf ist für hohe Ansprüchen nicht gerade prickelnd. Das liegt anders als beim kaum vergleichbaren AEG KL 15 hier nicht am sehr massiven Antrieb mit mechanischen Getriebe, mit dem man auch das Schiff aus dem Suez-Kanal hätte ziehen können, sondern an der eigenwilligen Konstruktion der speziellen Bandteller, die auf Teilkegeln aus Kohle liegen. Die haben zumindest bei mir leider eine offenbar ua von Temperatur und auch Luftfeuchtigkeit abhängige "Tagesform".

2.) Ich habe diesen 40 kg schweren Panzer gerade vor ein paar Wochen sorgfältig verpackt in einem Keller eingelagert, um das Kl 15 aus einem anderen Beitrag aufstellen zu können. Nach dem Transport u.a. über 3 Stockwerke hinweg, hätte ich beinahe einen Orthopäden aufsuchen müssen.

revfan
Zuletzt geändert von revfan am Sonntag 4. April 2021, 15:34, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Bandbeschleunigung

Beitrag von revfan »

Also habe ich - ähnlich wie von naviflux125 beschrieben, die Bänder bei nur 38 cm/sek mit einer Telefunken M5b, die auch mal wieder in Gang gesetzt werden musste, abgespielt und mit einer Revox PR 99 ebenfalls mit IEC Entzerrung, auf der gerade ein Bobbie mit PER 525 Band lag, bei 19 cm/sek aufgenommen. Dann habe ich die Kopie mit 38 cm/sek abgespielt.

Höre da, ein wohltönender Sprecher macht folgende Ansage:

"Ihr fortschrittliches Kino ist durch die Anschaffung eines modernen Magnettongerätes nunmehr in der Lage, Ihnen ein Höchstmaß an Klangreinheit und Tonschönheit zu bieten.

Sie hören von heute an in diesem Lichtspieltheater Tanz- und Unterhaltungsmusik sowie volkstümliche Weisen in bunter Folge. Es spielen die Tanz-und Unterhaltungskapelle .....und ....

:lol: :lol: :lol:

Dieses Höchstmaß an Klangreinheit und Tonschönheit (!), also quasi ein Vorführband von 1951 gilt es, auf ein "normal" abspielbares Band zu kopieren.

revfan
Zuletzt geändert von revfan am Donnerstag 1. April 2021, 12:29, insgesamt 1-mal geändert.
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revfan

Re: Bandbeschleunigung

Beitrag von revfan »

So jetzt endlich mal zum Kern meiner zugegebenermaßen langatmigen Ausführungen:

Sorgen bei der ganzen Sache macht mir die Ver- /Entzerrung.

Ob die Originalaufnahme noch mit 17,5 µs oder wie später bei 76, 2cm/sek Geschwindigkeit in Europa üblich 35 µs Verzerrung aufgenommen wurde, weiß ich schlicht nicht.

Wenn ich das 76-er Band bei nur 38 abspiele bedeutet das auch, dass z.B. aus einem 12.000 Hz Ton (mehr ging 1951 realistisch gesehen eh nicht) ein 6.000 Hz Ton wird. Der wird, wenn ich das richtig verstanden habe, von der Entzerrungskurve bei 35 µs aber nur etwa 4 dB abgeschwächt und nicht etwa 9 db wie ein 12.000 Hz Ton (Tabelle Polzer et al.; Zeitgeschichten: Magnetbandtechnik; 4. Aufl. Seite 652)

Weitere Verschiebungen im Klangspektrum werden sich durch die Aufnahme bei 19 cm/sec und Wiedergabe bei 38 cm/sec ergeben.

Hat jemand eine Idee, wie ich das mit den "Hausmitteln" eines Tonbandbastlers in den Griff bekomme ? Ich möchte nicht nur irgendwie anhören, sondern das "Höchstmaß an Klangreinheit und Tonschönheit" erhalten

revfan
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Re: Bandbeschleunigung

Beitrag von revfan »

Okay,

nach etwas Nachschauen und -denken (ich weiß, wäre ev. besser gewesen als erst mal zu posten ;-) ;-) ), bringt das Abspielen bei 38 cm statt 76 cm/sek wohl gleich fast genau den Ausgleich für die geringere Höhenabsenkung der Wiedergabe bei 17,5 µs (76 cm/sec RRG vor 1953) gegenüber der 35 µs Entzerrung (38 cm/sec IEC).

Die Frequenzen halbieren sich zwar, aber da sich die Absenkung bei einer Entzerrung mit einer Zeitkonstante von 17,5 µs gegenüber einer Zeitkonstante von 35 µs bei gleicher Frequenz nach der oben erwähnten Tabelle ebenso fast genau halbiert, stimmen die Verhältnise wieder - oder :D ?

revfan

P.S.: soweit so gut. Was passiert aber mit dem Frequenzgang der Musik, wenn ich die Aufnahme des so mit 38 cm/sek verlangsamt abgespielten Bandes (insoweit offenbar kein Problem) bei 19 cm /sek und IEC-Studio Zeitkonstante von 70 µs aufnehme, dann aber bei 38 cm/sec und der Studio-Norm-Zeitkonstante von 35 µs beschleunigt wieder abspiele, um die originale Wiedergabedauer wiederzuerlangen ?

:o
Zuletzt geändert von revfan am Donnerstag 1. April 2021, 19:59, insgesamt 4-mal geändert.
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revfan

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Und vor allem, was tue ich dagegen ?

Ich habe meine Ausführungen mal etwas überarbeitet und das Thema auch unbenannt in der Hoffnung, dass der Titel so aussagekräftiger ist - und weil ich das immer schon mal ausprobieren wollte :lol:

revfan
Zuletzt geändert von revfan am Donnerstag 1. April 2021, 12:37, insgesamt 1-mal geändert.
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cavemaen

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von cavemaen »

Ein 76er Band hörbar machen geht, wenn man 2 Bandmaschinen hat:

Auf 38cm abspielen,
mit 19cm aufnehmen und auf dieser Maschine wieder mit 38 laufen lassen.

Frohe Festtage!

R.
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Ja schon, aber dann stimmt der Frequenzgang nicht mehr wegen der unterschiedlichen Zeitkonstanten bei der Vorverzerrung/ Entzerrung (siehe oben)

revfan
MatthiasB.
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von MatthiasB. »

Setz Dich mal mit Peter Ruhrberg in Verbindung, der hat auch schon alte RRG Bänder digitalisiert.
Viele Grüße

Matthias
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revfan

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Hallo,

vermutlich liegt Rudy mit seinem wie stets pragmatischen Ansatz völlig richtig. Normalerweise würde ich mir das auch einfach anhören und wenn es gehörmäßig passt, wäre alles gut. Nur habe ich hier nicht 1951 das Original anhören können ;-) , so dass es rein theoretisch passen muss.

Oben bin ich ja nach langem Grübeln :idea: :idea: schon darauf gekommen, dass beim Abspielen des 76-er Bands mit 38 cm/sek dank der alten RRG Entzerrung mit geringerer Zeitkonstante als später bei 76 cm/sek sich das Problem der unterschiedlichen Absenkung der hohen Töne beim Abspielen mit nur der Hälfte der Aufnahmegeschwindigkeit in Schall auflöst :lol:

Die Halbierung der Wiedergabefrequenz durch die geringere Geschwindigkeit und dadurch geringere Absenkung der Höhen bei der Wiedergabe wird dadurch ausgeglichen, dass die Höhenanhebung bei der RRG Zeitkonstante von 17,5 µs bei gleicher Frequenz im hier interessanten Bereich ebenfalls fast genau halb so hoch ist, wie bei der CCIR Zeitkonstante von 35 µs bei 38 cm/sek - past. :D Wäre das Band auch bei 35 µs aufgenommen worden, wie später für die 76 cm/sek Geschwindigkeit normiert, hätte ich ein Problem gehabt.

Und auch bei der Aufnahme müsste es eigentlich ganz gut passen.

Ich nehme ja bei 19 cm/sek CCIR Studio mit 70 µs Entzerrung auf. Abgespielt wird dann mit 38 cm/sek aber wieder bei nur 35 µs. Konkret: ein 6.300 Hz Ton, der ja am Ende wieder ein 12.600 Hz Ton sein soll (nur halbe Geschwindigkeit bei der Aufnahme) wird nach der zitierten Tabelle bei 19 cm/sek CCIR für eine wiedergabeseitige Absenkung von -8,62 dB aufgenommen. Ein 12.600 Hz Ton würde beim Abspielenmit 19 cm/sek aber um -14,18 dB abgesenkt , also der Pegel dieses Tons aus dem Frequenzspektrum der Musik gegenüber dem Originalband fast halbiert :!:

Wenn ich nun zur Wiedergabe auf 38 cm, also doppelte Abspielgeschwindigkeit "Gas gebe", um einen 12.600 Hz Ton zu erhalten, habe ich ja auch die dazugehörige Zeitkonstante von 35 µs cm/sec und für diesen Ton eine Höhenabsenkung von nur 9,12 dB. Das ist gegenüber dem Idealwert ein Unterschied von 0,5 db - das ist wirklich Wurst.

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revfan

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Hallo,

ich höre jetzt besser mit meinem ellenlangen Monolog mal auf. Kommt nicht mehr vor.

Falls das aber aus irgendwelchen Gründen der typische Quatsch von jemand ist, der über etwas schreibt, das er nicht wirklich versteht :o, wäre ich für einen Hinweis auf einen Denkfehler dankbar.

Frohe Ostern an alle

revfan
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Magnettonmanni
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von Magnettonmanni »

Hallo revfan, hallo mitgewanderte Mitleser,

das mit dem „Höchstmaß...“ ist so eine Sache.
Wenn wir mal davon ausgehen, daß der Anbieter dieser Bänder den Filmtheatern die für seine Möglichkeiten beste Qualität bieten wollte, brauchte er ja schon mal zwei gute Tonbandgeräte. Das waren damals zu nicht so rosigen Zeiten in der südlichen Umgebung dann vermutlich R22 aus RRG-Zeiten oder von Vollmer R22a in AEG-Lizenz oder nur Vollmer.
Meine unrestaurierte aber lauffähige AEG T8f just von 1951 ist als Typ nicht in größeren Stückzahlen so weit in den Süden der neuen Republik vorangekommen. Den horrenden Preis konnte nur der Rundfunk zahlen. (In diesem Zusammenhang ist mir nur ein Laufwerk bekannt geworden).
Herr Vollmer hatte die offizielle Lizenz zum Bau der AEG R22a. Übrigens, mit R22-Laufwerken ist auch John „Jack“ Mullin nach Florida heimgekehrt und hat damit den Grundstein für John Lindsays Entwurf der Ampex 200A gelegt. Übrigens mit freitragenden Wickeln!!! und Schicht außen!!. Die schönen NARTB-Kerne gab es schon zu Anfang, genormt wurden sie später. Die NAB-Kelche habe habe ich aber bei den Boliden von Ampex auf Fotos noch nicht gesehen (hier würde ich mich gerne irren).

Hier bleibt bei den Laufwerken dann als Hauptverdächtigter Eberhard Vollmer übrig,

zurück zum Thema:
Ich habe auch noch eine T9u. Das u deutet dezent an, daß die Möhre auch langsam laufen kann, nämlich mit 38,1 cm/s. Das ist hier aber unwichtig. Beide Geräte, die T8f und die T9u laufen auf 76,2 cm/s und nicht auf 77cm/s, was damals aber noch Standard gewesen sein kann. Geschulte Ohren können diese gut 1%ige Abweichung nach unten dann deutlich hören. Der Kammerton a ist dann schon so niedrig, daß Sopranistinnen zum erreichen des hohen C nicht mehr ihren Fuß unter den des schweren Pianoforte zum Erreichen der korrekten Tonhöhe stellen müssen. Wir normale Leute hören das nicht. Deshalb haben die Rundfunkanstalten auch keine Hemmungen gehabt, 77er Bänder auf 76 über den Sender zu jagen. Das versendet sich....
Die Leute, die das damals schon sofort hätten hören können, waren entweder auf Konzertreise, oder in einem Konzert auf der Bühne, oder sie machten die Musik selbst, wenn sie welche hören wollten.

Langer Rede kurzer Sinn:
Ich habe die Geräte um die Bänder abzuspielen und wieder aufzunehmen. Ich habe für die gängigen Rundfunkgeschwindigkeiten (76,38,19) die Bezugsbänder nach DIN. Für 38 und 19 zusätzlich die um mehrere Klassen besseren Bezugsbänder von Peter Ruhrberg. Wenn der Junge vor 40 Jahren seine Bezugsbänder schon hergestellt hätte, dann hätten alle!!! am Markt operierenden Bezugs- und Meßbandhersteller sehr alt ausgesehen.

Ich kann mit 76 abspielen und mit 38 oder 19 aufnehmen (Röhren- oder Transistotechnik).
Sehr empfehlenswert ist auch das direkte Aufnehmen mit Audacity auf Linux-Basis.

Das war die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht:

Ich komme coronabedingt nicht so ohne weiteres zu meiner Kultstätte und bei so einer Sache möchte ich schon gerne dabei sein. - Kann also noch dauern. - Bei dem „gekonnten“ Krisenmanagement unserer Oberen möchte ich für die nächsten Jahre keine Prognose wagen. Aber die Bänder liegen ja auch schon ein paar Tage.

Außerdem bin ich ja nicht alleine in der Welt.


Zu Deinen Monologen:
Diese waren ja alle in der richtigen Richtung.

Zur Aufsprechentzerrung könnten wir die gleichen Überlegungen anstellen, wie bei dem L-extra-Band von naviflux. Wir wissen es nicht. Die es wissen könnten, leben vermutlich nicht mehr.

Du machst keinen großen Fehler bei der Annahme, die hätten sich damals an die Norm gehalten. Aber an welche.
Die uns bekannte Normung begann nach dem Krieg mit dem DIN Bezugsband 76 von 1953.
Dein Band ist aber vorher bespielt worden. Hoffen wir mal, so ähnlich wie beim Funk. Das war dann irgendwas zwischen 16,5 und 56 us Bandflußzeitkonstante. Warum nicht mit der 1953 üblichen Entzerrung direkt von 76 auf 38 überspielen und dann nach Geschmack den Verstärker einstellen. Ein besseres Ergebnis ist ohne weiteres Wissen nicht machbar.

Bezüglich der Differenzen der Bandflußkurven gibt es eine ganz hervorragende AGFA-Broschüre von Peter van Bommel: „Die Entzerrung in der magnetischen Schallaufzeichnung“ (google). Danach könntest Du mit den Korrekturwerten es direkt auf Audacity o.ä. überspielen, die Korrekturen vornehmen und die Geschwindigkeit verdoppeln. Diese Verfahren ist gar nicht so schlecht, weil die Tonhöhenschwankungen und der Klirrfaktor durch die Überspielerei dann nicht noch schlechter werden, als sie so schon sind. Die Laufwerke waren damals nicht so ausgebufft, wie später mal. Und Tonhöhenschwankungen konnten damals in unserem Sinne noch nicht gemessen werden. Und Du kannst es alles mit Bordmitteln durchziehen.

Bedenke bitte: Auch wenn alles so eingestellt ist, wie es damals gewesen sein könnte, dann ist noch lange nicht gesagt, daß es dann auch richtig gut ist. Ein geschultes Ohr bei Abmischung des späteren „Originals“ mit der doppelten digitalen Geschwindigkeit hielte ich für viel wichtiger als hier und dort ein paar db im Frequenzgang. Die hört das geschulte Ohr sowieso aber auch. Wie dem auch sei, es ist hinzubekommen. Du hast ja einen exellenten Gerätepark.

Und mach es bitte nicht so, wie die Rundfunk-Anstalten: Die überspielen 77cm Originale, die von Berlin bis nach Moskau verbracht worden sind und dann wieder zurückgegeben wurden, auf 38cm und geben die Originale in die Tonne.
Da könnte man von Nofretete in Berlin auch einen perfekten Abdruck aus Kunststein herstellen und dann das Original wegwerfen und gut ist. Die Ägypter brauchen das Original ja sowieso gar nicht.
Originalbänder auf 77 oder 76 von Annodunnemals sind sehr, sehr selten, weil fast alles umkopiert worden ist. Das heißt, die alten Bänder sind technisches Kulturgut.

Mit den besten Grüßen

Manfred
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revfan

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Hallo Manfred,

keine Sorge um die Bänder, ich schmeiße nie etwas weg , ;-) :(

Zwei der 4 Bänder sind bereits kopiert, aber alle werden aufgehoben. Ich muss nur noch die Originalkartons wieder zusammenflicken. Der Klang der extra eingespielten Musik, die durch Ansagen eines professionellen Sprechers unterbrochen wird, ist mehr als anständig. Das musste es auch sein, da man offenbar Eintritt zahlen musste, um sich das anhören zu können. Der Sprecher sagt im Abspann, dass man jetzt alle 14 Tage in "diesem" Kino so neue Unterhaltungsmusik hören könne. Auf die Kartons wurde handschriftlich "Original" und "Ringtausch" geschrieben.

Digitalisieren vor allem mit audacity möchte ich trotz eines annehmbaren Interfaces von Focusrite nicht, da wieder ein Tonband herauskommen soll :D , also eine zweifache Wandlung analog/digital bzw umgekehrt nötig würde. Das Hauptproblem an audacity ist, dass es zwar viel kann, aber nicht verlustfrei arbeitet. Das hört man am Ergebnis.

Bei der Aufzählung der Geräte hast Du - wie fast alle heute - das weitgehend in Vergessenheit geratene Ferrophon vergessen. Der Max Ihle hat zusammen mit Herrn Woelke (der mit den Tonkoepfen) in Marktschorgast, Oberfranken, seinerzeit für Loewe Opta z.B.: in der Funkschau viel beachtete Geräte an den AEG Patenten vorbei gebaut, die auch mit 76 cm/sek und RRG Entzerrung klar kamen (anfangs auch 77). Das Ferrophon III 3 konnte daneben auch 38 und 19 cm/sec, die Entzerrung wurde händisch umgeschaltet. Später produzierte er mit dem Phonorex und dem Bayreuth Luxus-Heimtonbandgeräte mit z.B.: 4 Tonköpfen, die schon damals Rückwärtsbetrieb und sogar Aufnahmen ohne Bandumlegen ermöglichten.

Um 1950 herum versuchte er aber gerade wohl in die hier passende "Marktlücke" zu stoßen und nach heutigem Verständnis semiprofessionelle Geräte auf den Markt zu bringen. Das Ferrophon IIIIc 3 Laufwerk kostete ohne Verstärkerkoffer etwa 2.500 DM. Der Aufnahmeeingang ist für 70 V (!) Eingangsspannung ausgelegt, kann also vermutlich direkt an eine 70 Volt ELA Anlage angeschlossen werden, die sicher damals in vielen Kinos vorhanden war. Ein Bild davon sieht man in den Zeitgeschichten Seite 348 und hier http://www.radiomuseum-bocket.de/wiki/i ... _Ferrophon

Vielen Dank für den Hinweis auf die AEG Broschüre. Ich hatte die zwar schon auf dem Rechner aber nicht mehr im Kopf :lol:

Beste Grüße
revfan
Zuletzt geändert von revfan am Sonntag 4. April 2021, 16:38, insgesamt 1-mal geändert.
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cavemaen

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von cavemaen »

Die meisten von uns leiten ihre Bandmaschinensignale eh nochmal über ein Mischpult.

Mir waren Zeitkonstanten unwichtig, solange hochrenomierte Plattenlabels AES-Entzerrung 1:1 verkaufen und das qualitativ in Ordnung finden und der gesamte Rundfunk unter Kastration digitaler musikalischer Werke unter Unterdrückung tieffrequenter Schallanteile sich selbst lobt.

Wenn beim Umkopieren etwas fehlt oder zuviel da ist (meist Mitten & Höhen), regele ich das nach am besten mit einem Terzband-EQ und gut is.

Niemand war damals dabei, wie und hörte unter welchen räumlichen Bedingungen ein Werk aufgenommen und konserviert wurde.

Da muß ich Manfred recht geben, man kann nachjustieren oder lassen.

Solange es heute noch besser klingende Schellackplatten mit 6-8KHz Frequenzgang gibt, die wir mit dem heutigen Digitalmüll und 100KHz übertragenden Digitalmixern vergleichen können, so ziehe ich meinen Hut vor denen, die damals mit nur einem Mikrofon ein Orchester mit unterschiedlichen Instrumentalgruppen und Solo-Interpret perfekt aufzunehmen verstanden, wohlklingend und auf Decelith, so sollte sich heute die Industrie schämen dafür, was man uns frech als kastrierte Musikdateien anbietet!

R.
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revfan

Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Hallo,

ich bin jetzt mit dem Umkopieren durch.

Ich habe zwei Versionen erstellt. Abgespielt habe ich die 76-er Original- Bänder jeweils mit einer Telefunken M 5b, da ich die alten Bänder ohne Rückseitenbeschichtung doch lieber im Liegen abspielen wollte. Meine M15a ist vor ungefähr 3 Wochen abgeraucht und ich hatte bisher noch nicht die Energie, um mir den Schlamassel anzuschauen oder auch nur das Gerät mal aufzumachen. Andere Geräte, die ich habe und mit Bobbies und Vollspur umgehen können, "stehen" .

Aufgenommen habe ich einmal auf Agfa PER 528 mit einer Revox C 270 wegen des dort verbauten HX pro. Normalerweise schalte ich bei Bandkopien ein Dolby SR zur Rauschverminderung für die Kopie dazwischen. Hier ging das aber wegen der unterschiedlichen Aufnahme- und Abspielgeschwindigkeiten der Kopie nicht. Bei HX Pro ist das aber Wurst und es rauscht doch etwas weniger als ohne. Außerdem ist die Höhenaussteuerbarkeit gerade bei 19 cm/sek doch deutlich besser. Von den Klangreglern am Mischpult habe ich die Finger gelassen und auch keine Equalizer benutzt.

Die zweite Aufnahme - ein Potpourri der Bänder - habe ich im bewussten Kontrast dazu mit der Nagra III mit spätem PER 368 von BASF (rauscht etwas weniger als das frühere von Agfa finde ich) auf einer 18-er Spule gemacht. Die ist nur etwa 10 Jahre jünger als die Aufnahmen selbst. Die kleine Nagra kann ja auch 38 cm/sek und ich bin immer auf der Suche nach Musikmaterial für meine diversen Monotonbandgeräte. Es widerstrebt mir doch, Stereoaufnahmen auf Mono zu reduzieren.

Die Ergebnisse lassen sich wirklich sehr gut anhören. Die Aufnahmen auf der C 270 klingen "voller" und "älter" kurzum erwartungsgemäß besser, die auf der Nagra III "moderner", was aber daran liegt, dass sie Bässe vermissen lassen, was gerade bei Jazzstücken doch deutlich auffällt. Ich hätte doch besser ein älteres, nicht so höhenbetontes PER 525 Band oder so etwas verwenden sollen, das besser zur Nagra III passt. Dann wäre es aber auf der 18-er Spule bei 38 cm/sek aber etwas eng geworden. Für nächstes Mal weiß ich es jetzt. Man lernt eben täglich dazu ;-)

Auch lassen sich klangliche Unterschiede zwischen den Original- Bändern untereinander heraushören, von denen sich zwei doch noch als BASF L-Extra herausgestellt haben. Unterschiedlich klingen aber nicht so sehr die BASF und die Genoton Bänder, sondern die beiden BASF Bänder und auch die Genoton Bänder untereinander. Ich vermute Einwirkungen bei der Lagerung über immerhin 70 Jahre oder doch schon Unterschiede bei der Aufnahme.

Langer Rede kurzer Sinn: Solange keine 9,5 cm/sek oder NAB-Entzerrung bzw IEC 19H ins Spiel kommen, kann ich das mit der Geschwindigkeitsreduzierung auf 38 cm/sec beim Abspielen, Aufnehmen mit 19 cm und dann Abspielen der Aufnahme bei 38 cm/sek durchaus zur Nachahmung empfehlen. Klangunreinheiten und Unterschiede, soweit ich sie mit meinem "Ohrometern" feststellen kann, bewegen sich im üblichen Rahmen unterschiedlichen Bandmaterials und Aufnahmegeräte.

revfan
Zuletzt geändert von revfan am Sonntag 4. April 2021, 10:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von cavemaen »

Ruf mich mal Abends wegen Deiner M15A an, bei mir wirst Du geholfen...

Rudy
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Habe oben noch drei Fotos nachträglich eingefügt, die ich endlich wieder gefunden habe

revfan
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

cavemaen hat geschrieben: Sonntag 4. April 2021, 10:25 Ruf mich mal Abends wegen Deiner M15A an, bei mir wirst Du geholfen...

Rudy
Mache ich sehr gerne :D , wenn ich alle Versteckten Ostereier gefunden habe

Beste Grüße
revfan
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von Magnettonmanni »

revfan hat geschrieben: Freitag 2. April 2021, 21:31
Bei der Aufzählung der Geräte hast Du - wie fast alle heute - das weitgehend in Vergessenheit geratene Ferrophon vergessen. Der Max Ihle hat zusammen mit Herrn Woelke (der mit den Tonkoepfen) in Marktschorgast, Oberfranken, seinerzeit für Loewe Opta z.B.: in der Funkschau viel beachtete Geräte an den AEG Patenten vorbei gebaut, die auch mit 76 cm/sek und RRG Entzerrung klar kamen (anfangs auch 77).

Hallo revfan,

ich kenne die Aktivitäten von Herrn Ihle und Herrn Woelke aus der Literatur und durch gleichgesinnte Kollegen durchaus angemessen. Herr Ihle hat auch ein sehr beachtenswertes Reportagegerät (Braunbuchbezeichnung R85) nach Plänen von Herrn Karl-Erik Gondesen gebaut, das mit Röhren bestückt viele Eigenschaften der späteren Nagra III vorweg nahm.
Herr Woelke hat sehr früh Pläne für einen Tonhöhenschwankungsmesser veröffentlicht. Möglicherweise war er dabei sogar der Erste.

In meinen Überlegungen hatte das Ferrophon 3 deshalb keinen Raum, weil ich leider keines habe und Du es in Deine Überlegungen auch nicht einbezogen hattest.

Ich kann mir sogar vorstellen, daß Deine Bänder und Dein Gerät eine ähnliche Historie gehabt hatten.
Daß die Eingangstufen der großen Geräte von Herrn Ihle eine Verwendung in Filmtheatern mit den dortigen Beschallungsanlagen nahe legten, war mir bekannt. Für die Geräte anderer Hersteller hätten Anpassungen vorgenommen werden müssen.

Ich denke, die Wiederherstellung deiner Maschine Ferrophon 3 in betriebsfähigen Zustand wäre das Beste für Deine Bänder, weil es auch die perfekte historische Zusammenstellung ist.

Ich könnte mir für mich keine bessere Kombination vorstellen.

Mit den besten Grüßen

Manfred
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Re: Band verlangsamen, Band beschleunigen und der Frequenzgang

Beitrag von revfan »

Hallo Manfred,

ich kann erfreulicherweise sagen, dass mein Ferrophon voll funktionsfähig ist :lol: Einen Verstärkerkoffer habe ich aber nur für die AW2.

Ich hatte das Ferrophon vor einigen Jahren aufwändig revidiert. Vor allem der Antrieb aus einer gefühleten Unzahl von Hebeln und Gummierädern, die mit einem mechanischen Getriebe für die drei Geschwindigkeiten sorgen, war eine echte Herausforderung. Der originale Antriebsriemen aus Leder wurde durch einen aus "Gummi" ersetzt. Die Elektronik war - da recht übersichtlich - eher trivial. Früher hatte ich sogar mal drei dieser Geräte, bei denen eines aber nur noch ein nacktes und völlig verrostetes Laufwerk war und das andere eine Art Sparversion, die noch dazu durch einen Vorbesitzer "kreative" Umbauten erfahren hatte.

Die Gründe, warum ich es hier nicht zum Einsatz gebracht habe, sind im ersten oder zweiten Beitrag dargestellt. Vor allem der Gleichlauf dieser Geräte ist - wie Du auch schon oben geschrieben hast - nicht die beste Basis für das "Höchstmaß an Klangreinheit und Tonschönheit" nach heutigen Maßstäben.

revfan
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