Verwirrung um nWb/m

Hier ist Platz für allgemeine technische Fragen die sich nicht speziell mit STUDER, ReVox oder anderen Firmen beschäftigen.

Moderator: Administratoren

Antworten
Recky
Neuling
Beiträge: 3
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2009, 13:03
Wohnort: Nettersheim

Verwirrung um nWb/m

Beitrag von Recky »

Tach zusammen!

Nachdem ich mich im Unterforum "eigene Geschichte erzählen" einigermaßen ausführlich vorgestellt habe, ist es an der Zeit, Euch zum ersten Mal mit Fragen zu nerven :-)

Seit Wochen lese ich alles, was im Internet an Literatur übers Einmessen zu kriegen ist, weiß inzwischen mehr oder minder, worum es geht, allerdings verwirren mich all die Dinge, die mit dem Herrn N. Weber zu tun haben. Dass ich in Mathe und Physik nie aufgepaßt habe, hilft natürlich auch nicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich vieles auf Englisch gelesen habe. Die augenscheinlichen Diskrepanzen zwischen amerikanischen und europäischen Einmessverfahren und Bezugswerten verschwimmen total in meinem Kopf!

Ich erfahre beispielsweise, dass das 1-Zoll-Band, das ich in Zukunft verwenden möchte (468), ein "+6 tape" sein soll, während das Scotch 203 und 206, das ich auf der Mastermaschine einsetzen möchte, ein "+3 tape" ist. Nun, worauf ist das bezogen und was bedeutet es??? Jay McKnight von MRL Tapes sagte mir, dass der von RMGI angegebene Flux-Wert für 911-Band (320 nWb/m) ein DIN-Wert ist, kein praktisch anwendbarer Recording-Wert. Die Amis reden auch immer von "+6 over 185" und sowas. Sehr konfus, die ganze Sache. Ich blicke da echt nicht mehr durch...

Ich frage mich, ob es überhaupt möglich ist, einem blutigen Anfänger wie mir, der unbedingt seine Maschinen für den täglichen Gebrauch selbst einmessen können will, nicht zuletzt weil ich auch mit verschiedenen Bandsorten experimentieren werde, eine Erklärung für "Doofe" zu geben. Sämtliche Anleitungen, die man so liest, sind immer entweder sehr wissenschaftlich oder überaus allgemein gehalten. Das eigentliche Einmessverfahren kann man ja überall nachlesen, so auch im Service-Manual meiner A80. Der Bezug auf die ganzen nWb/m-Werte, mit denen man konfrontiert wird, geht mir aber total ab.

Wenn feststeht, welche Bandsorte, Geschwindigkeit und EQ-Norm verwendet werden sollen, kann es doch nicht so schwierig sein, ein Bezugsband zu determinieren und ggf. die entsprechende Pegelkompensation bei einem Bandtyp, der nicht dem Bezugsband entspricht, anzugeben. Oder übersehe ich in meiner Naivität etwas wichtiges?

Was mich auch in die Verzweiflung treibt, ist die Tatsache, dass mein (deutscher) Audio-Techniker sagt, ich bräuchte zum Einmessen ein Bargraph Meter, während die amerikanischen Instruktionen immer nur die in die Maschinen eingebauten VU-Meter nutzen. Braucht man WIRKLICH ein RTW??? Und wofür braucht man dann noch ein NF-Voltmeter?

Nun stellt sich natürlich auch die Frage, woher man ein geeignetes Bezugsband bekommt. Für die 1/4-Zoll-Mastermaschine (wird wahrscheinlich eine Tele M15) ist das ja nicht schwierig (Bluthard oder Darklab, nehme ich an), aber für die 1-Zoll-A80??? Hat da jemand eine Idee?

Hoffentlich werde ich Euch eines Tages auch mit Rat und Tat zur Seite stehen können; im Moment allerdings benötige ich Euren unerschöplichen Fundus an Wissen. Vielleicht hätte ich die einzelnen Fragen auch in separate Threads verpacken sollen, aber sie hängen ja irgendwie untrennbar zusammen. Jedenfalls hoffe ich, dass Ihr mein oben geschildertes Dilemma versteht.

Vielen Dank schon mal im voraus
Recky
Recky Reck - Sänger/Liederschreiber
Tonhaus Reck
http://www.reckyreck.com
erich
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 216
Registriert: Mittwoch 13. Oktober 2004, 20:57
Wohnort: 78658 Zimmern o. R.
Vergebene Danksagungen: 1
Erhaltene Danksagungen: 2

Re: Verwirrung um nWb/m

Beitrag von erich »

hallo Recky,

das kann tatsächlich verwirrend sein.

lese mal die in der section 4 des servicemanuals der A807,
was dort über pegel und bezugsbänder steht, das könnte helfen:

ftp://ftp.studer.ch/Public/Products/Rec ... I/Manuals/

wo du aktuell ein 1" - bezugsband bekommst, ist mir auch nicht bekannt.
soweit ich weiss stellt niemand mehr 1" - bezugsbänder her, mit MRL
hast du ja schon gesprochen.

da ich mich täglich mit der materie beschäftige, besitze ich auch 1" - bezugsbänder.
meine bezugsbänder werden aber grundsätzlich nur von mir selbst genutzt.

gruss

erich schleicher
Alfred
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 284
Registriert: Samstag 1. April 2006, 18:48
Wohnort: Heidenheim
Erhaltene Danksagungen: 63

Re: Verwirrung um nWb/m

Beitrag von Alfred »

Hallo Recky,

um dir die Zusammenhänge von Flux und nWb/m zu erklären ist Phonomax wohl die beste Adresse. Schreib ihn doch mal direkt an, oder verwende hier im Forum die Suchfunktion. Es gibt da sicherlich ne ganze Menge sinnvolles.... Vielleicht hilft und reicht dir auch der Hinweis von Erich!
Lese mal folgende Beiträge durch:

http://forum.studerundrevox.de/viewtopi ... haelb#p795

Ein paar Dinge möchte ich dir vereinfacht erklären. Die A80 wird am wahrscheinlichsten mit CCIR entzerren. Sollte anhand der bestückten Aufnahme und Wiedergabekarten zu ermitteln sein. Die Ein- und Ausgänge sind wohl auf 1,55 Volt (eigentlich +6db wird aber bei den NTP's oder RTW's mit 0db angezeigt) mit oder ohne Eingangsübertrager eingestellt.
Der interne Bandfluss für Vollaussteuerung ist nach deinen Bedürfnissen auszurichten, denke 320 nWb/m oder 510nWb/m. Meine 2-Spurmaschinen sind alle auf 510nWb/m eingestellt. Im Handbuch zur A80 sollte dazu was stehen. Bei richtiger Wiedergabeeinstellung ergibt ein 1000 Hz Signal von einem Bezugsband einen Pegel von 0db (1,55Volt) an einem NTP oder RTW.

VU-Meter oder Bargraph:
Die Amis messen mit VU-Metern ein, dies taugt aber nichts für die professionele Arbeit mit dem Bandgerät, da die VU's einen Vorlauf brauchen weil diese Träge sind und kurze Impulse oft gar nicht anzeigen. Phonomax bezeichnet die VU's zu Recht als Schätzeisen. Ein RTW oder NTP ist dazu weitaus besser geeignet. Integrationszeit von 10ms oder gar noch weniger und der doch immerhin mindestens 50db umfassende Anzeigebereich sind auch für die Aufnahmeaussteuerung mehr als nur hilfreich. Manche NTP's oder RTW's verfügen darüber hinaus auch noch über eine +20db Taste. Somit kann beim Einmessen (bei -20db Signal) das Signal am Messgerät um eben die 20db Verstärkt angezeigt werden und kommt damit in den besser auflösenden Bereichs des Anzeigeinstrumentes, da bekanntlich die Anzeige eine logarithmische Skala besitzt.

Millivoltmeter:
Einn NF-Milivoltmeter (am besten ein Zeigergerät, lineare Anzeige bis 20kHz) benötigst du, um deine Ausgangsverstärker prüfen und gegebenenfalss richtig einstellen zu können. Zum Einmessen ist so ein Gerät durchaus auch geeignet.

Bezugsband:

Erich hat dir ja bereits geantwortet und schreibt dass er seine Bänder nur persönlich benützt.
Ob du eventuell noch bei Hilpert ein 1 Zoll Bezugsband bekommen kannst, musst du eben nachfragen.
Ohne dieses Bezugsband kannst du die Maschine nicht richtig einmessen.

Empfehlung meinerseits:
1. Um mit der 8-Spur sinnvoll arbeiten zu können, empfehle ich dir, dich auf einen Studio-Bandtyp, der auch heute noch verfügbar ist zu beschränken. Nur wenn du noch einen größeren Bestand an älterem Material besitzt würde ich die Maschine darauf einmessen. Ob die A80 auf zwei Bandtypen einmessbar ist, weis ich nicht!
2. Damit das ganze auch gut funktioniert, würde ich die Maschine von jemanden einmessen lassen, der sich mit so einer 8-Spur Maschine auch auskennt. Erich ist sicherlich ein Fachmann dafür und kann das, nur eben weit weg von dir.
Solltest du kein Bezugsband (mit Frequenzgangteil) bekommen können wird dir gar nichts anderes übrig bleiben, als jemand mit der Einmessung zu beauftragen, der ein solches Band sein eigen nennt.
Danach würde ich mir mit der neu eingemessenen Maschine ein eigenes "Messband" erstellen. Dieses Band entspricht sicherlich nicht der Norm, aber kann für spätere Einstellungen zumindest ersatzweise Dienst tun.

Bin mir nicht sicher, aber ich glaube unser Forummitglied MichaelB ist auch auf dem Gebiet Tonband tätig,
Viel Spaß mit dem Gerät und berichte weiter.

Gruß Alfred
PhonoMax
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 266
Registriert: Mittwoch 29. Dezember 2004, 13:08
Wohnort: München
Erhaltene Danksagungen: 21

Re: Verwirrung um nWb/m

Beitrag von PhonoMax »

Lieber Recky,

die zentralen Dinge sind gesagt, aber dir sicher zu knapp. Ich stehe daher gerne Gewehr bei Fuß/Kopf unter den Haaren, um mit dir den Sachverhalt zu diskutieren. Nur sollten wir das vielleicht doch privat machen, weil ich im Forum schon endlose Ausflüge diesbezüglich an den Mann zu bringen bemüht war, was nicht unbedingt wiederaufgewärmt, aber durchaus von dir gelesen werden sollte. Wenn du nach meinem Namen/Forennamen und dem Stichwort "Einmessung" suchst findest du hier im Forum Christoph Roses (und bitte auch im benachbarten "Bandmaschinenforum") jede Menge von 'Aufsätzen', die auch Geschichtliches (wichtiger als man annehmen möchte) aus Technik und Kultur mitanliefern. Um Grund zu legen, solltest du dich mit vernünftiger Literatur eindecken, die ich dir soweit möglich durchzuarbeiten empfehle. Was du nicht kapierst, übergehst du -ggflls. zunächst- einfach. Friedrich Engels "Altes Testament" ("Schallspeicherung auf Magnetband, Leverkusen 1974) gehört dazu, Peter van Bommels Exkurs über die Entzerrung, die Materialien der Deutschen Welle zu Wartung und Betrieb von Bandgeräten (ist allerdings in englisch, aber deutsch gedacht...). Das lässt sich inzwischen vergleichsweise einfach im Net beiziehen: "Gehe hin" und lade erunter, was die Maschine (Stichworte rechts "AGFA" und "DW") hergibt:

http://studerblog.wordpress.com/

Hinsichtlich der Wartung willst du ohne tiefe Kenntnisse in der Sache bitte nirgendwo Hand anlegen. Unser Mitforant Erich S. hat in seinem Leben sicher genug 'Opfer' solcher nicht von Kompetenz gezeichneten Wartungsversuche fremder Hand erlebt, denen er dann nur mit Mühe wieder auf die Räder helfen konnte. Also: Erst verstehen, dann agieren.

Als Halbamerikaner, dessen US-Verwandtschaft sich mehrheitlich im Weichbild der Heimatstadt Ray M. Dolbys tummelt (ist doch was, od'r?; die wussten das aber natürlich allesamt nicht...), kenne ich "My Fellow Americans" und ihre minimale Bereitschaft, sich auf irgendetwas einzustellen, sehr genau: Eine Waschmaschine mit mehr als zwei Knöpfen, bleibt stehen. Und dann ein Bezugsband! Da könnte ja ein jeder kommen, oh my gosh!... Wenn nicht alles 0 dB (richtiger "VU") ist, bleibt auch die Einstellerei liegen. Und wehe es funktioniert nicht, dann kommt der Kundige eben so lange, bis es funktioniert...

Derlei gilt natürlich nicht für die McKnights, die natürlich über 40 Jahre klassische Päpste der Bezugsbandebene waren. Da ist immenses Wissen vorhanden, das ja in einer Legion von Aufsätzen Niederschlag gefunden hat. Nur: DAS ist nicht das Tonstudioamerika. Trotzdem teile ich die Aussage Jays nicht, die 320 nWb/m seien in praxi ohne Relevanz. Das ist so inkorrekt gesagt oder aber von dir inkorrekt verstanden bzw. interpretiert worden. Doch auch dazu findest du allerlei in den bereits existierenden Forentexten, die du durchlesen solltest. Was über deinen Kopf geht, ließe sich dann separat behandeln; im Forum oder per Mail.

Ich ziehe in diesem Zusammenhang das persönliche dem Forenmail vor, weil meine solide Korrespondenzablage auf das persönliche Mail bezogen ist und so den geringsten Zusatzaufwand macht. Sollte dir also an einem persönlichen Mailverkehr liegen, so willst dur das bitte mir von Anfang an entlang dieser Schiene aufziehen. Sende also in diesem Falle bitte ein E-Mail an mich und keine PN, ich melde mich dann mit meinen kompletten Daten im 'elektronischen Kontakthof'.


Zur deiner Frage nach der Aussteuerungsmessung: "Brauche ich ein RTW?"
Brauchen tust du eigentlich gar nichts, alles geht ohne. Mit aber geht es besser. Das gilt in besonderer Weise auch für die Aussteuerung, die gerade bei der begrenzten Betriebsdynamik des analogen Aufzeichnungsverfahrens ein sehr viel kritischeres Kapitel ist, als der Platten- oder Rundfunkkopierer mit seiner A77 meint. In der Produktion muss man sehr zielsicher mit dem Magnetofon umgehen können, damit es die Qualität 'auswerfen' kann, die man ihm nachrühmt. Suche auch hier in den beiden oben genannten Foren nach meinem Namen und dem Terminus "Spitzenspannung" und "VU-Meter". Wieder findest du 'Aufsätze', die Funktionen und Geschichte(n) zusammenbringen.

Hinsichtlich der so genannten und auch von dir angesprochenen Einmessung kann ein modernes IRT-kompatibles Messgerät unendlich viel helfen. Das kann dann ein RTW, NTP, Müller&Weigert, Maihak-Lichtzeiger mit entsprechenden Verstärkern sein, muss aber nicht. Die Palette ist schier endlos. Darüber sollte man reden, wenn es soweit kommt. Außerdem solltest du Wert auf eine sinnvoll angelegte Aufnahmegeräteperipherie legen, zu der nebenbei auch standardisierte Pegel gehören, die zu dem dich verunsichernden +3-, +6- und was-weiß-ich-sonst-noch Jargongefasel zum Band geführt haben (technisch-physikalisch ist so etwas ziemlich schief). Die Einmessung lässt sich nämlich mit einem qualitativ sinnvoll hochwertigen Tongenerator (der kann sehr billig oder auch Teil des Mischpults sein) und einem der genannten Spitzespannungsmesser innerhalb weniger Minuten bei sehr hoher Genauigkeit, also absolut perfekt durchführen. Notwendig ist lediglich ein liearer Frequenzgang des Aussteuerungsmessers und seine vernünftige Implementation in deine Mischeinrichtung. Alte Messgeräte aus den Tagen der NDR-Zentraltechnik oder des noch jungen IRT haben aber bewusst keine linearen Frequenzgänge, weshalb man erst nach deren Umbau meine geforderte Zusatzfunktion 'realisieren' kann. Schließlich sollte -und das wurde in D seit RRG-Tagen verlangt- solch ein Aussteuerungsmesser auch noch eine -20-dB-Taste besitzen. Dann bist zu zwischen Telefunken, Studer und Dolby A fein heraus, steuerst schön mit 10ms Integrationszeit aus und kannst deine Einmessung der Bandmaschine (und oder der Dolby-A-'Professoren') kontrollieren, während die Musiker stimmen.... Und wenn sie fertig sind, stimmt auch bei dir alles, was die Aufzeichnungstechnik betrifft...

Hans-Joachim
Recky
Neuling
Beiträge: 3
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2009, 13:03
Wohnort: Nettersheim

Re: Verwirrung um nWb/m

Beitrag von Recky »

Vielen vielen Dank für Eure ausführlichen Antworten. Heute abend habe ich ein Konzert in Düsseldorf, daher werde ich kaum Zeit haben, mich mit all dem empfohlenen Material zu beschäftigen. Hans Joachim a.k.a. PhonoMax - ich werde mich auch in den nächsten Tagen per Email melden. Danke für das Angebot!

Bis spädder :-)
Recky
Recky Reck - Sänger/Liederschreiber
Tonhaus Reck
http://www.reckyreck.com
Antworten