B77 auf +6dB Studiopegel

Fragen und Antworten zur Technik bei den ReVox-Klassikern. Von der 36er-Serie bis zur C-Serie.

Moderator: Administratoren

Forumsregeln
In diesem Bereich geht es um die "Klassiker" der Firma ReVox. Gemeint sind Geräte aus den Anfangstagen der Firma, ReVox-Tonbandgeräten aller Art, B-Serie, C-Serie, S-Serie, H-Serie usw.
Antworten
dago
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 276
Registriert: Freitag 12. September 2008, 20:08
Wohnort: Obersulm
Vergebene Danksagungen: 33
Erhaltene Danksagungen: 17

B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von dago »

Hallo zusammen,

kann man die B77 ohne Qualitätsverluste auf +6dB einmessen.

Grund dafür wäre, dass man auch Bänder abspielen kann, die auf einer A810 aufgenommen wurden.

Grüße
dago
PhonoMax
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 266
Registriert: Mittwoch 29. Dezember 2004, 13:08
Wohnort: München
Erhaltene Danksagungen: 21

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von PhonoMax »

Lieber dago,

man muss zwischen Einmessung auf eine Magnetisierung und dessen Bezug zur Ausgangsspannung unterscheiden. Halbwegs dasselbe ist dies nur in 'abgeschlossenen Kulturbereichen' der Profiszene, also zum Beispiel in Deutschland oder den benachbarten Ländern, die sich tontechnisch ähnlichen Traditionen verpflichtet fühlten. Da setzte man seit Beginn der Stereozeit eine stereofone Bandmagnetisierung von 514 nWb/m einer Aus- bzw. Eingangsspannung von 1,55 V gleich. Dies war möglich, weil man auf der ganzen analogen Linie diese Spannung als Vollaussteuerungsreferenzpegel eingeführt hatte. Zu Geschichte und Herkunft dieses krumm erscheinenden Wertes (da geraten wir in die 1920er!) habe ich hier schon einmal geschrieben.

Die B77 hat keine fix definierten Ein- und Ausgangspegel; diese beiden lassen sich einstellen, übrigens auch problemlos auf 1,55 V bei Vollaussteuerung (514 nWb/m), die bei Studer-Geräten mit VU-Meter -und mit statischem Ton gemessen- bei +6 VU liegt. Das gilt auch für die B77.

Hinsichtlich des Bandflusses (oben: "Magnetisierung") ist die B77 also auf dieselben Magnetisierungen eingemessen wie die meisten europäischen A810, weshalb du, sofern die Bandgeschwindigkeit -das ist ja meist 38,1 cm/s- und die Entzerrung stimmen. Die Entzerrung ist deshalb von Bedeutung, weil der europäische(!) Profi bei der Bandmagnetisierung keine Tiefenanhebung vorsieht, die im Amateurbereich und bei den Amerikanern (nebst assoziierten Kulturräumen) bei einer meist um 2,8 dB niedrigeren Magnetisierung üblich ist. Das kann man aber ebenso wie die minimalen Unterschiede im Höhenbereich auch extern hinbiegen. Um dir dazu genaueres sagen zu können, müsste ich wissen, welches Band du wiederzugeben beabsichtigst und welche B77-Version zur Wiedergabe herangezogen weren soll.

Es kann also jedes Profiband auf die B77 gelegt werden und dort das wiedergeben, was auf ihm gespeichert ist. Via Einmessung muss dazu nichts, gar nichts geändert werden, da du ja auf das bespielte Band schwerlich aufnehmen möchtest, und die Aufnahme wohl nicht vor 1955 aufs Band kam.

Hans-Joachim
dago
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 276
Registriert: Freitag 12. September 2008, 20:08
Wohnort: Obersulm
Vergebene Danksagungen: 33
Erhaltene Danksagungen: 17

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von dago »

Hallo Hans-Joachim,

ich danke dir für die umfassende Antwort. Werde es jetzt einfach mal testen.

Grüße
Rainer alias dago
outis
Routiner
Routiner
Beiträge: 36
Registriert: Donnerstag 6. Dezember 2007, 21:36

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von outis »

Ich habe hier auch so einen Fall, wobei ich mich nicht genau erinnere, ob das aufzeichnende Gerät eine A810 oder A807 war. Jedenfalls lässt sich das fragliche Band auf der B77 nicht problemlos abspielen. Es gibt zumindest zeitweilig "Knackser" (reproduzierbar an denselben Stellen). Wird das Band auf einer A807 abgespielt, macht es keine Probleme.
Das Drumherum: :D
Liebe(r) ...
(Beitragstext s.o.)
LG, Jochen
PhonoMax
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 266
Registriert: Mittwoch 29. Dezember 2004, 13:08
Wohnort: München
Erhaltene Danksagungen: 21

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von PhonoMax »

Da, lieber Jochen, würde mich aber die Ursache interessieren.

Ich habe vor Jahrzehnten immerhin ein Jahrzehnt Mischbetriebs A77ORF und B67/A80 hinter mich gebracht, wobei allerlei und bereits vor dem Zeitpunkt auffiel, an dem ich (Jahresbeginn 1981) meine erste Schmetterlings-B67 erwarb: Offensichtlich sind nämlich die 2+2mm-Spurpakete der Revox-Halbspurköpfe nicht exakt gleich breit ....

Dabei traten jedoch keinerlei Knackser zutage, die bei den A77ORF vorhanden und bei den B67/A80 'plötzlich weg' gewesen wären. Woher auch?
Natürlich gab es gerade bei der A77 und ihrer unsymmetrischen Betriebsgleichspannung Knackser vielfältigster Herkunft; sie aber kamen bei allen Bändern auf allen Geräten vor und hatten mit allen möglichen Dingen, nicht aber dem Wechsel des Wiedergabegerätes professionell vs. amateurhaft zu tun.

Hans-Joachim
outis
Routiner
Routiner
Beiträge: 36
Registriert: Donnerstag 6. Dezember 2007, 21:36

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von outis »

PhonoMax hat geschrieben:Da, lieber Jochen, würde mich aber die Ursache interessieren.
Mich auch, lieber Hans-Joachim, mich auch. :D

Ein gewisser dir nicht ganz unbekannter Gerd und ich haben vermutet, dass das Band so hoch ausgesteuert ist, dass bei Pegelspitzen der Wiedergabeverstärker der B77 "anschlägt". Fragezeichen.
Das Drumherum: :D
Liebe(r) ...
(Beitragstext s.o.)
LG, Jochen
PhonoMax
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 266
Registriert: Mittwoch 29. Dezember 2004, 13:08
Wohnort: München
Erhaltene Danksagungen: 21

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von PhonoMax »

Lieber Jochen,

damit verliert die Sache dann aber durchaus an 'Sprengkraft', obgleich die B77 einen geringfügig redimensionierten Ausgang besitzt, der nicht mehr so fürchterlich übersteuerungsempfindlich ist wie der der A77, den Studer merkwürdigerweise auch bei der 'Standard'-A77HS (!) 'stehen' ließ, die damit die Aussteuerbarkeitsqualitäten des Wiedergabekopfverstärkers für viele Nutzer unter Preis verkaufen muss(te).

Mich verwundert diese Studer-Entscheidung umso mehr, als ich mittlerweile Paul Zwicky persönlich kennen lernen durfte, der für ein sehr charakteristisches Klima unter den Konstrukteuren in Regensdorf gesorgt haben muss, selbst wenn er an der Entstehung A77 nur peripher beteiligt war. Seiner klar sehenden, absolut soliden, ja überlegenen, aber stillen Geradlinigkeit kann 'so etwas' eigentlich nur ein Gräuel gewesen sein.

Nun, bei der B77 war ja Schluss damit, weshalb eigentlich nur die 21 Volt Betriebsspannung Engpässe verbreiten konnten. Ich meine deren nicht mehr regelbaren Ausgang eigentlich als untadelig gemessen zu haben, wobei ja auch der Kopfhörerverstärker (der klippt völlig gleichmäßig, verwertet also die 21 Volt bis zur Neige) ohne weiteres als Ausgangsverstärker eingesetzt werden könnte. Nachdem das Volume-Pot für ihn noch existiert, kann man das im Falle der Fälle eben auch zurückdrehend nützen. Darum kam man ja schon bei der A77HS und 38,1 cm/s nicht herum. Sofern man diesen Ausweg kannte .... Wie lange selbst Profis für solche Eisichten benötigen, belegt die Geschichte des Tascam DA-P1pro-DATs, dessen Mikroeingang für die besagte Nutzerkaste ein Buch mit offenbar acht Siegeln war, deren erste Hälfte man schon anhand der technischen Daten (und ohne Schaltzeichnung) hätte brechen können.

Zurück zum Analogband:
Andererseits nehmen auch die Verzerrungen bei gut 6 dB über 514 nWb/m schon so weit zu, dass man nicht mehr unbedingt nur noch große Freude beim Abhören empfindet. Es muss das von dir angesprochene Band daher also auch aus stilistischen Gründen wohl sehr, sehr hoch ausgesteuert worden sein, denn bei 8 dB über 514 nWb/m hat man im üblichen Arbeitspunkt beispielsweise des 911 schon 3 %. Der Sättigungsfluss (Rien ne va plus!) liegt allerdings nochmals um 5 dB höher.
Wenn also Material der letzten Fertigungsepoche (also 911 oder gar 900 bzw. die entsprechenden Konkurrenzprodukte aus Japoan oder Amerika) verwendet wurde, das man als eher ungeeignetes Objekt zu übersteuern versuchte, dann wird es natürlich -aber prinzipiell- sehr, sehr eng. Das gilt selbstverständlich auch für Studiomagnetofone, deren KopfVerstärker auch keine Wunder vollbringen können.
Der von mir regelmäßig dem Studium interessierter Allgemeinheit anempfohlene Aufsatz/Vortrag von Götz Corinth und Friedrich Engel auf der Tonmeistertagung 1994 zeigt gemeinsam mit den u.a. bei Johannes Webers abgebildeten Entzerrungs- und Frequenzgangsgrafiken zum analogmagnetischen Verfahren allgemein, wo die Handicaps liegen. Sie kann man nun nicht ungeschehen machen, weil das magnetische Aufzeichnungsverfahren und das Induktionsgesetz heftige Neigung zur Nichtlinearität zeigen, die man korrigieren muss, was die Aussteuerbarkeit von Verstärkern aber einschränkt. Daneben gibt es ja noch jede Menge anderer auszugleichender Verluste, die sich aber entlang der Bandgeschwindigkeiten 'nach oben hin' etwas entschärfen. Insoweit treten bei studioüblichen Geschwindigkeiten ja unter den vermeidbaren auch eher weniger Engpässe auf, als in den angestammten Heimstätten der Amateure. Davon profitieren die kleinen Schwestern (A/B77HS) aber genauso wie die großen.

Man muss halt auch hier hinschauen, sich um Umsicht bemühen; im einen, wie im anderen Fall. Vielleicht erfahren wir von dago ja auch noch das eine oder andere.
Betreibt man eine A77ORF im 'gemeinten' Rahmen, ist der klangqualitative Unterschied zur A80 absolut marginal. Überantwortet man eine A77ORF für ein Jahr den Lasten professionellen Betriebs, ist sie nach einer Woche defekt. Die A80 kommt dann langsam in Fahrt.

Hans-Joachim
Zuletzt geändert von PhonoMax am Freitag 13. März 2009, 06:08, insgesamt 1-mal geändert.
dago
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 276
Registriert: Freitag 12. September 2008, 20:08
Wohnort: Obersulm
Vergebene Danksagungen: 33
Erhaltene Danksagungen: 17

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von dago »

Hallo zusammen,

so, nun habe ich ausführlich getestet und erfreulicherweise festgestellt, dass ich die B77 ohne Probleme zu Abspielzwecken nutzen kann.
Damit wäre mein Ziel erreicht, nämlich hochwertige Aufnahmen mit der A810 zu machen und diese wenn nötig auf der B77 abspielen zu können.

Ich werde das Ganze nächste Woche auch noch einmal messtechnisch unter die Lupe nehmen, aber was ich mit dem Gehör bisher testen konnte war sehr ordentlich.

Danke nochmals an Phonomax und die Mitglieder des Forums.

Grüße
dago
PhonoMax
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 266
Registriert: Mittwoch 29. Dezember 2004, 13:08
Wohnort: München
Erhaltene Danksagungen: 21

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von PhonoMax »

Lieber Dago,

dabei würde mich interessieren, ob die Spurpakete des Revox-Aufnahmekopfes auch zur B77-Zeit noch unterschiedlich breit waren. Mir fiel das nämlich 1981 auf, als meine erste B67 mit Schmetterlingsköpfen kam. Meine bis dahin existierenden A77ORF waren tadellos nach Bezugsband eingemessen. Die auf LP mit A80 beim Tonstudio B. in L. überspielten Bänder jedoch wiesen trotz meiner -wie ich heute weiß- 'grotesk' sorgfältigen Einmessung, perfekter Messprogramme vor den Seitenprogrammen immer eine minimale Balanceverschiebung auf, was ich anhand der Anpressung(!) innerhalb meiner konsquent auf Normpegel (also auch bei Empfänger und Entzerrerverstärker) geeichten Anlage um ein Studer 269 herum feststellen konnte. Bei der Prüfung der 2+2-mm-Bänder auf der mit demselben Bezugsband nach denselben Verfahren eingemessenen B67 zeigte sich dann gennau diese Balanceverschiebung auch in meinem Haus, die auf unterschiedlich breite Spurpakete des Aufnahmekopfes der A77ORF zurückzuführen war. Bei Wiedergaben auf der A77 spielte das keine erfassbare Rolle, weil der Wiedergabekopf die vom Aufnahmekopf auf dem Band etwas breiter gezogene Spur nicht abtastete; er war also offenbar mit zwei gleichen Spurbreiten ausgestattet. Kam aber ein Schmetterlingskopf über die "breiter gezogene Spur", nahm er mit, was da war, einschließlich eines nicht unerheblichen Leerrasens; und das musste dann natürlich unterschiedliche Pegel links und rechts zur Folge haben.

Ich meine mich an einen Pegelüberschuss rechts von etwa 1 dB erinnern zu können. Prinzipiell wäre das nuch heute zu verifizieren, weil je eine B67 und eine A77ORF aus dem damaligen Bestand noch immer und in sehr gutem Zustand vorhanden sind. Ich benötigte damals einige Tage, um die Entscheidung pro oder contra Korrektur zu fällen und entschied mich für das Pro, also eine um den ÜBerschussbetrag reduzierte Magnetisierung rechts(!).

Alle A77 und A700, die damals aus Fremdbesitz unter meine Hände kamen, wurden daraufhin auf diesen Sachverhalt untersucht und bestätigten diesen durch die Bank. Wir haben es also hier mit einem kopfbaulichen Problem bei Revox zu tun. Ob es bei meiner G36HS, die seit 1972 ihrerseits Köpfe der A77-Familienbauart bekam, ebenso war, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Doch auch dies ließe sich noch im Originalzustand prüfen, weil das Gerät noch vorhanden ist und bei der G36 ja interne Pegeljustagen nicht möglich sind.

Wenn deine 810 nun Schmetterlingsköpfe hat, wäre ich dir dankbar, wenn du nach einer soliden Einmessung der B77 (und der 810) eine 1-kHz-Pegeltonaufnahme der B77 einmal auf die 810 legtest und den von dieser offerierten Pegelunterschied li vs. re feststellen würdest.

Hans-Joachim
dago
Haudegen
Haudegen
Beiträge: 276
Registriert: Freitag 12. September 2008, 20:08
Wohnort: Obersulm
Vergebene Danksagungen: 33
Erhaltene Danksagungen: 17

Re: B77 auf +6dB Studiopegel

Beitrag von dago »

Hallo Phonomax,

da muss ich dich leider enttäuschen, meine A810 hat keine Schmetterlingsköpfe.

Grüße
Rainer
Antworten