Entstörkondensatoren von RIFA?

Fragen und Antworten zur Technik bei STUDER Geräten.

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dynavox
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Entstörkondensatoren von RIFA?

Beitrag von dynavox »

Liebe Forumsmitglieder,

vorab ein paar kurze Worte zu meiner Person:

gebürtiger Nürnberger, seit vielen Jahren wohnhaft in Windsbach - vielleicht hat mal jemand etwas vom Windsbacher Knabenchor gehört - Alter: 37
vor knapp 20 Jahren konnte ich eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker in einer Revox-Vertragswerkstätte ( Fa. Hemmersbach, Nürnberg ) absolvieren und bin seitdem vom unheilbarem Revox-Virus befallen;
vor 5 Jahren noch ein Studium zum Dipl. Audio-Engineer an der SAE in München absolviert und seit dem hoffnungslos von STUDERITIS befallen.
Dies soll vorab genügen, ein etwas ausführlicherer Lebenslauf wird zu gegebener Zeit noch in entsprechender Rubrik folgen.

Auf dieses Forum bin ich bereits vor längerer Zeit gestoßen und habe den ein oder anderen Beitrag als Gast verfolgt. Besonders gut gefällt mir hier insbesondere der Technik-Bereich, hier hat es doch offensichtlich ein paar Profis. Ich hoffe, auch das ein oder andere Mal mit einem entsprechenden Beitrag weiterhelfen zu können.

Nun aber meine eigentliche Frage:

Wer kennt eine Alternative zu den berüchtigten RIFA-Kondensatoren, welche sich in nahezu jedem Studer als auch Revox Gerät befinden ? Gibt es möglicherweise auch noch eine Beschaffungsquelle für die originalen RIFA´s ?

Vielen Dank bereits an dieser Stelle

dynavox
PhonoMax
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Beitrag von PhonoMax »

Lieber Windsbacher,

vom örtlichen Knabenchor habe ich schon länger gehört, so wie so und lange vor den Skandalen bzw. solchen, die als solche hochgekocht werden. Ebendies gehört ja wohl auch zu Knabenchören (seit Jahrhunderten?), weshalb man wohl den Chor suchen muss, der auf Jahrzehnte des Bestehens ohne Querelen zurückblicken kann. Davon blieb nicht einmal der weiland Leipziger verschont, dessen 322. Geburtstag wir vor einigen Tagen (31. März) hätten begehen sollen, wenn wir denn auf kalendarische Genauigkeit Wert legten. Und vor den Toren Windsbachs sollen dem Vernehmen nach ja auch noch Pepping-Schüler in Kapellenumgebungen leben; so ist das eben im Frankenlande. Kultur allerorten, solange man nicht an unndderfränggische Müllermeister gerät; doch die kriegen ihre schwerlich verdiente Presse sowieso, das aber anderweitig. Hüstel; muss wohl der Mehlstaub sein.


Als derjenige, der die Studer-Rifa-Sache an mehreren Stellen aufgewärmt hatte, sehe ich in der Sache keine andere sinnvolle Alternative, als entsprechende Kondensatoren von der Stange zu erwerben, zumal heute die 20-mm-Rastermaße der Rifa-Typen wohl eher schwer zu bekommen sein werden. Als meine noch vorhandene B67 vor einiger Zeit erste Rauchzeichen und Bewegungsmeldungen in der bekannten Richtung offerierte, beschaffte ich deshalb nach intensiveren, aber wenig erfolgreichen (20-mm-) Marktrecherchen einen vergleichbaren, jedoch nach 22,5 mm rastrierten Ersatz bei den Münchener Bürklinisten und lötete den in die Platine(n), womit die B67 (seit Geburt 1981 unter meinen Fittichen) wieder unter den Lebenden war. Aufgrund der Verkleinerung der Bauteile im Verlauf der letzten 30 Jahre, bediente ich mich zudem bei Typen der nächst höheren Spannungsklasse, so dass gewisse Hoffnung besteht, dass das Gerät mein Dasein hienieden überdauern wird.

Da nach den Befunden an meinen hochgegangenen Kondensatoren die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Undichtigkeiten zwischen Epoxi-Verguss und Gehäuse für das Ableben der Dinger verantwortlich zeichnen, denke ich, dass der Einsatz historischer Rifa-Lagerbestände nicht eben viel für sich hat. Ansonsten fertigt RIFA offenbar nach wie vor, MP-Kondensatoren sogar im 20,3-mm-Raster, die man bei der Bindel AG in sicher aber größeren Losen erwerben kann. Bekommen muss man diese Typen aber erst einmal hier im Lande der Dichter und Bauern in haushaltsgängigen Größenordnungen. Ansonsten hat aber auch in der Schweiz die 22,5-mm-Zeit begonnen:

http://www.bindel.ch/produkt/capacitors ... atoren.htm

Hans-Joachim
panik
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Beitrag von panik »

mhmm
aso eine weitaus bessere alternative ist Fischer und Tausche C`s zu verwendet, die sind achsial bedratet, so bist du wesentlich flexibler. zudem sind die cap`s auch wirklich gut.
kriegen tust sie bei askjanfirst

gruss nik
mhmmm



digital ist nicht real
Karl Michael Müller
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Beitrag von Karl Michael Müller »

Hallo
Aus eigener Erfahrung im Grosserienbau von Unterhaltungselektronik-Geräten kann ich nur Metall-Papier-Kondensatoren zur Netzentstörung empfehlen:

WIMA MP3-X2 275V~ (mit allen wesentlichen Approbationen!)

Auf keinen Fall Kuststofffolienkondensatoren

Michael
... das Streben nach Vollkommenheit ist edelster Zweck des Geistes ...
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heinzmen

Beitrag von heinzmen »

Moin,

""" WIMA MP3-X2 275V~ (mit allen wesentlichen Approbationen!) """

die baue ich auch ein, mit etwas "Gewalt" passen die auch in den 20mm Lochabstand.Etwas kräftiger drücken dann passt das schon.

Gruß Heinzmen
dynavox
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Beitrag von dynavox »

Moin, moin,

zuerst mal vielen herzlichen Dank für die Infos, das geht hier ja ruck-zuck. Ich werde versuchen, sämtlich genannte Möglichkeiten zu berücksichtigen, ein persönlicher Erfahrungsbericht wird folgen.

dynavox
Karl Michael Müller
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Beitrag von Karl Michael Müller »

Vielleicht noch zur Ergänzung:
Entstörung am Netzeingang ist eine äußerst kritische Sache (Sicherheitstechnisch). Es gilt an dieser Stelle Parameter zu berücksichtigen, die eigentlich kaum in den Griff zu bekommen sind.
1.) - die noch leichte "Übung" - Berücksichtigung des maximal möglichen kurzzeitigen Netzspannungsanstiegs (verursacht durch langsame Lastschwankungen). Hier gilt rechtlich - europaweit gesehen - U/nenn +10% =264V~. Es kann aber auch noch höher gehen. Folglich ist die Verwendung von 250V~ Kondensatoren nicht erlaubt. Selbst hier in D kann man eigentlich gutens Gewissens keine 250er mehr einsetzten, seit wir 230v~ als Nennspannung haben. Also zwingend ein 275V~ - Typ!

2.) Störungen auf dem Netz durch schnelle Lastschwankungen. Wenn z.B industrielle Groß-Stromabnehmer kräftig ein und ausschalten entstehen auch auf den Versorgungsleitungen bei privaten Stromabnehmern, die sich leitungstechnisch am selben Strang befinden, Spannungsspitzen, die ebenso die zulässige maximale Betriebsspannung des Kondensators übersteigen können.

3.) - die Kür - Berücksichtigung der "irregulären" Zustände im Netz. Ein Beispiel: Gebiete mit Versorgungssystemen, die offene Leitungsführung haben (Überlandleitungen) sind extrem Blitzeinschlagsgefährdet. Ein solcher Blitzeinschlag in eine Versorgungsleitung erzeugt unter widrigen Umständen noch Spannungsbursts von mehreren KV an der Steckdose Zuhause. Zwar nur wenige Millisekunden lang, aber halt KV groß!
Das hält kaum ein Kondensator.


Ein Kondensator der das alles auf Dauer hält, wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll. Man wählte deshalb einen Weg, der einen "vernünftigen" Kompromiss darstellt: den MP-Kondensator (Metall-Papier, Epoxy-getränkt). Dieser Typ wird auf 275V~ Dauerbetrieb ausgelegt und hält damit den Fall 1.) - regulärer Betrieb.
Für Fall 2.) gilt der besondere Vorteil des MP-Kondensators: er schlägt zwar durch bei einem Überspannungsimpuls, allerdings verdampft der Metallisierungsbelag auf dem Papierisolator an der Durchschlagsstelle durch die Impulserergie, so dass das entstandene "Loch" im Papier Metallisierungs-frei wird und damit wieder isoliert. Der Kondensator verliert zwar bei jedem Durchschlag Kapazität, das aber nur langsam und eigentlich "unmerklich". Kaum einer wird die Funkentstörungswirksamkeit eines Netzentstörkondensators am Ende der Gerätelebensdauer nachprüfen. Zur FTZ-Zulassung muss er seine Aufgaben zu Beginn seines Lebens erfüllen - was später ist, danach fragt keiner (Lücke im Gesetz - kein TV Gerät muss zur FTZ-ASU :wink: )
Zu 3.) Hochspannungsbursts. Hierbei ist die Energie manchmal so hoch, dass den werten MP-Kondensator seine Selbstheilungskräfte verlassen und es ihn richtig zerstört. Das geht manchmal bis zur regelrechten "Explosion" des Kondensators. Alle Zwischen-Zustände (abhängig von der Durchschlagsintensität und Energie) sind denkbar. Also auch ein Zustand, in dem der Selbstheilungsprozess durch die Länge und die Intensität des Impulses (Burst) verhindert wird (ständig Energie nachgeliefert wird und ein Lichtbogen entsteht) und damit Verkohlung und Zündung (Entflammung) entsteht. Hier hilft das epoxy-Papier erheblich bei der Erschwerung der Entflammung und dem Verhindern des Weiterbrennens.

Kunststoff-Folien-Kondensatoren sind in diesen Punkte immer unterlegen. Trotz der Tatsache, dass die entsprechenden Hersteller oft Anderes behaupten ...

Also ... nur MP3-X2 !!!

Michael
... das Streben nach Vollkommenheit ist edelster Zweck des Geistes ...
PhonoMax
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Beitrag von PhonoMax »

Lieber Karl Michael,

herzlichen Dank für diesen Exkurs in die Leistungselektrik, die den Nf-lern ja doch immer fremd geblieben ist. Befasst man sich mit Kraftwerksschaltungen oder Lokomotiveeletroniken/-elektriken, meint man ja immer, man habe es mit einem Metier zu tun, das keinerlei Verbindung zur spannungsangepassten Nf-Elektronik unterhält.

Aber:
Bei den besagten Kondensatoren handelt es sich nicht um solche, die den 230 Volt des öffentlichen Netzes direkt ausgesetzt wären oder gar auf der Primärseite des Netztrafos lägen, sondern um solche, die auf der Sekundärseite der Trafos und im Verbund mit einigen Halbleitern obendrein bestenfalls indirekte (nämlich galvanisch getrennte) Verbindung mit der Netzversorgung unterhalten. Der Tiefpass Trafo liegt also ebenso dazwischen wie die 'Überstromsicherung Halbleiter' (Brückengleichrichter und Steuertransistor der Wickelmotoren) immer in Verbindung mit den 'Rifas' steht. Die 'an sich' unabgesicherten Halbleiter werden bei 'exogener' Überlastung der entsprechenden Schaltungsbereiche um einiges eher hochgehen als der Kondensator, wenn ein Störungsburst den Trafo überwindet.


Hans-Joachim
Karl Michael Müller
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Beitrag von Karl Michael Müller »

Hallo Hans Joachim
Du hast natürlich recht, auf der Sekundärseite ist die Sache unkritischer, da "Filterwirkung des Trafos" vieles abhält. Aber, glaub mir, ganz ohne ist's dort auch nicht ... :?
Woran ich aber auch dachte, ist die Sorge, dass manche Bastler - nicht wissend was sie da eigentlich tun (und ich beziehe da auch manche professionellen Elektroniker mit ein) - Kondensatoren wechseln, ohne über Spezifikationen und Anforderungsprofile Bescheid zu wissen.

Nimm meine "Abhandlung" als den Versuch, dem geneigten Bastler allgemein etwas Ehrfurcht einzuhauchen, wenn er auf den Netzverbundenen Seite Bauteile austauscht ...

Michael
... das Streben nach Vollkommenheit ist edelster Zweck des Geistes ...
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