mAts hat geschrieben:
- * sehr hellbraune Bänder sind eher älter?
* bei jüngerem Bandmaterial kann man seitlich durch die Spule eine Lichtquelle sehen, bei älterem nicht?
* sehr unschön aufgewickeltes Bandmaterial deutet auf älteres/stark benutztes Material hin?
* eine glänzende Oberfläche auf der dem Tonkopf zugewandten Seite deutet auf höhere Qualität?
In neuerer Zeit deutet dunkleres Bandmaterial tatsächlich auf ein geringeres Alter hin. Grundsätzlch lässt sich diese Behauptung in dieser Form über die Magnetbandgeschichte insgesamt aber nicht aufrecht erhalten. Ich lege dir Bandmaterial der Reichsrundfunkgesellschaft aus der Gleichstromvormagnetisierungszeit (vor 1940) vor, und du wirst es anhand obiger "Regel' 55 Jahre jünger datieren. Das wäre natürlich Kokolores. Auch die Rückseitenmattierung ist schon eine recht betagte Erfindung der "Baddischen" (IGFarben/BASF), setzte sich aber erst durch, als auch Amateurgeräte professionelle Spulgeschwindigkeiten erreichten.
Das unschöne Wickeln ist eine fast lebenslange Beigabe des Amateurbandmarktes und des Bandmarktes außerhalb Europas, wo in der Regel mit Doppelflanschspulen gearbeitet wurde. In Deutschland und den angrenzenden Ländern hat der Offenwickel auf Kernen jedoch bis zum Ende der Analogbandtradition seine zentrale Rolle zumindest im Profibereich allemal und aus allerbesten Gründen bewahrt, weshalb man immer auf exquisite Wickelqualität achtete.
Das Kalandrieren der Bandoberflächen ist dasselbe, das du aus deiner beruflichen Erfahrung kennst. Es wurde in der Magnetbandtechnik aber erst schrittweise eingeführt, als die obere Grenzfrequenz allgemeingültig die rrg-spezifische 10-kHz-Marke sich zu überklettern anschickte. Und selbst dann blieb der professionelle Bereich -etwa ab derselben Zeit (frühe 1950er) schrittweise auf 38,1 cm/s umsteigend- noch bei relativ rauem, "selbst reinigendem" Material, weil die Betriebszuverlässigkeit höher angesetzt wurde als die Wiedergabe von 20 kHz, die der Rundfunk sowieso abfilterte. Selbst auf der LP Eduard Rheins ("Mecki", "HörZu","Ein Student ging vorbei") hatten 20 kHz keinen konstitutiven Platz. Also wofür?
Ab den HiFi-Tagen wandelt sich das Bild langsam, man steigt auf 20 kHz und Stereobetrieb um, weshalb auch die Profis die Schichtseite ihrer Bänder immer stärker polieren mussten, um die intendierten Frequenzobergrenzen mit der geforderten Zuverlässigkeit einzuhalten: Der Abstandseffekt nimmt bei rauen Bändern andere Formen an als bei sehr glatten. Bei den Amateuren war dieses Problem schon wesentlich drängender, weil denen aus finanziellen Gründen an möglichst geringen Bandgeschwindigkeiten und schmalsten Spurbreiten (Vierspur!) gelegen war. Bei Profis kam beides aus ganz anderen Gründen (Schnitt!) nicht in Frage und andere Prinzipien und Probleme drängten sich -wieder- in den Vordergrund: Hatten die Amateure schon jahrelang LH-Bänder (
Low-Noise-{b]H[/b]igh-Output) gefahren, so ließen sich diese Wünsche beim Rundfunk erst deutlich später und mit Kompromissen durch das 528 erfüllen: Rund 10 Jahre nachdem das professionelle, aber bei Rundfunks aufgrund seiner spezifischen Vorstellungen nicht anwendbare LH-Band 468 als Kind eines in der Magnetbandgeschichte sehr verdienstvollen Wieners in Leverkusen erschienen war. Um den hiesigen Anforderungen an den Bandlauf zu genügen, mussten da besondere Maßnahmen ergriffen werden, um diesen praktisch wie Amateurbänder kalandrierten Bändern die transatlantisch mäßigen Wickelallüren abzugewöhnen. Ach ja: Der benannte Wiener in Leverkusen (Dr. Friedrich Krones) ist auch der Vater der modernen Einmessprozeduren.
Wirklich gut wickelnde Amateurbänder sind sehr selten, BASFs LPR35 ist da eine der ganz seltenen Ausnahmen. Es wickelt fast wie ein professionelles Band, wozu nicht verschwiegen sei, dass auch ein hochwertiger Bandtransport das Seine zum schönen, bandschonenden Wickel beiträgt. Vergleiche dazu einen Wickel auf der A67/A700 und einen solchen auf einer B77, von A77 und G36 schweigen wir.
Deine Bänder von LGS26 bis PE31 (alles Vor-LH-Zeit) gehören daher eigentlich nicht auf freitragende Wickel. Der schnelle Bandtransport droht dort regelmäßig zum Vabanque-Spiel mit Blumenkohlabschluss zu verkommen. Die Bänder in deinem Besitz sind nicht nur daher von sekundärer Eignung für professionelles Gerät, sondern auch weil professionelle Aussteuerungsgepflogenheiten (38,1 cm/s) bei diesem sehr dünnen Bandmaterial zum einen zu deftigen Vor- und Nachechos führen, zum anderen nur reduzierte Aussteuerung zulassen und durchwegs für 38,1 cm/s nicht einmal spezifiziert sind. Solltest du aber das Bandgerät als 'analogen Limiter', Sättigungen des Bandes als Klangeffekt einsetzen wollen, sind solche Bänder mitunter erste Wahl, weil sie noch 'richtig' (hörbar) in die Sättigung gefahren werden können, was dir mit einem 900 oder 911 (LH-Band der letzten ausgeführten Generationen; ehedem BASF) oder 499 (ehedem Ampex/Quantegy) durchaus schwerfallen wird.
Deine mit grünem Vorspann versehenen Bänder aus Westfertigung sind also tatsächlich vergleichsweise alte Amateurbänder (Lang- und Doppelspielband der Vor-LH-Zeit), weshalb der Umgang mit ihnen aber aus historiografischen Gründen interessant sein kann: Man hört in das Leben der damaligen Zeit hinein.
Der professionelle Vorspann im Westen war zu weiß (77 bzw. 76,2), rot (38,1) und blau (19 cm/s) genormt. Wo derlei auftaucht, könnte also professionelles Material anhängen.
Professionelle Rauschunterdrückungen waren zwar technologisch natürlich als Teil der Bandgeräte anzusprechen, wurden aber von sehr speziellen und entsprechend seltenen Ausnahmen abgesehen {i]nie[/i] in die Bandgeräte eingebaut, sondern als Zusatzeinschübe in Racks untergebracht. Angesichts der Bandtypen und auch deren Alter glaube ich mit dir nicht an kodierte Aufzeichnungen auf deinen Bändern. Dolby A (Markteinführung ca. 1968) begann sich hierzulande erst ab etwa 1970 langsam 'zu entwickeln' und erhält schon 1976 im Telcom einen ernsten und teilweise weit überlegenen Konkurrenten.
Mit den technischen Daten deiner Bänder kann ich dir größtenteils dienen, ebenso wie mit Literatur, die du dir zu Gemüte führen solltest, um im PDF-Crashkurs deine mehr oder minder professionellen Geräte sinnvoll nützen zu lernen. Wenn deinerseits Interesse am einen, anderen oder beidem besteht, solltest du mir ein Mail zukommen lassen.
Zur Einmessungsfrage kannst du ja den terminus technicus mal in diversen Foren durch die Suchfunktion laufen lassen. Da kommt jede Menge.
Hans-Joachim