Das, lieber Jan, ist möglich.
Bedenke dabei aber, dass die A77 eigentlich zu den Amateurgeräten zählt, die nicht zuletzt auch wegen der Bandgeschwindigkeit 9,5 und 19 und den Laufzeitvorstellung dieses Kundenkreises für Langspielbänder und eine maximale Tonkopfschonung eingerichtet wurden. Zudem wird der Wickel der A77 nicht notwendigerweise dramatisch besser, wenn man den Bandzug erhöht. Die A77 wickelt nämlich beim schnellen Bandtransport deshalb nicht besonders gut, weil die Bandabhebebrücke zu labil und der Bandzug nicht geregelt ist.
Sollte deine A77 eine HS sein, also 19 und 38 bereitstellen, sollte man aber auf jeden Fall daran denken, den Bandzug dem der A77ORF anzupassen, also so einzurichten, wie das Studer selbst unter der Bedingung getan hat, die Maschine professionellen Erwartungen gemäß zu modifizieren.
Sieh dir dazu die Laufwerksschaltung der A77ORF
ftp://ftp.studer.ch/Public/Products/Rev ... _Diagr.pdf
einmal genauer an, da wirst du an die notwendigen Umbauten herangeführt. Diese bewegen sich natürlich in einem Schaltungsbereich, der mit gesundheitsgefährdenden Spannungen arbeitet, weshalb gewisse Vorsicht beim Umbau angezeigt ist, damit die entsprechenden Sicherheitsvorschriften auch für den nachfolgenden Betrieb eingehalten werden.
Außerdem können wir hier die notwendigen Maßnahmen diskutieren, weil ich nicht nur 'originale' Erfahrungen mit der A77ORF besitze, sondern temporibus illis auch wenigstens zwei A77HS (also Standard A77 mit 19/38) auf die Bandzugverhältnisse der A77ORF umgestellt habe.
Nachteilig ist bei diesem Umbau, dass wegen der fehlenden Bandzugregelung beim schnellen Bandtransport gegen Ende des Wickels zweckmäßigerweise händisch auf niedrigeren Bandzug umgeschaltet werden sollte, weil die Maschine sonst zu langsam transportiert. Weiterhin empfiehlt sich bei der A77 (wíe der G36) generell, darauf zu achten, dass das Band beim schnellen Transport wirklich vollständig von den Köpfen abgehoben wird. Ansonsten verändern sich mit der Umstellung des Bandzuges die angesichts der technischen Einfachheit des Kopfträgers bemerkenswerten Kopfträgereigenschaften der A77 durchaus nochmals im positiven Sinne. Eine Neueinmessung sollte aber allemal angestrebt werden, weil durch den erhäöhten Bandzug das Bandmaterial satter an den Aufnahme- udn Wiedergabekopf angelegt wird.
Die Wickel sind nach diesem Umbau zerfallssicher; dabei behalte aber bitte im Blick, dass im angelsächsischen Kulturraum offene Wickel eher die Ausnahme denn die Regel waren. Die Folge davon ist, dass das dort hergestellte Bandmaterial die Wickelqualitäten, die wir hier in Deutschland von professionellem Material wie selbstverständlich seit RRG-Zeiten erwarten, fast grundsätzlich nicht erreicht. Aber auch klassisches Amateurmaterial aus Deutschland kann nahezu ausnahmslos für den Offenwickelbetrieb nicht empfohlen werden. LPR35 ist da immer die vorteilhafte Ausnahme gewesen.
Sofern du -was zu empfehlen ist- die Wickelteller mit AEG-Aufnahme von Revox oder Studer (A bzw. B67 o.ä.) verwenden möchtest, musst du in vielen Fällen die Bohrungen der Wickeltellermitnehmerstifte mit großer Sorgfalt in die Spulenträger setzen. Jede Exzentrizität führt dabei zu eiernden Tellern. Im Falle des Einsatzes der grau lackierten B67-Wickelteller (diejenigen von Revox waren schwarz eloxiert und hatten einen Plastikknebel zum Festlegen des Kerns) ist auch noch die Feder im Dreizack minimal zu kürzen, damit sich der Knebel so wie bei der B67 drehen lässt.
Der Offset beider Eingangspegelsteller ist keineswegs ungewöhnlich, weil die Firma Preh meines Wissens die Identität dieser Pots unterhalb eines 6-dB-Gleichlaufes eines Tandempots spezifizierte. Man kann also auf dem Wege von Null bis Vollpegel durchaus mehr als 6 dB Kanaldifferenz erreichen. Ich nehme an, dass Studer den Wareneingang hier nicht auf Identität herausgemssen hat, sondern die Pots schlicht so verbaute, wie sie angeliefert wurden. Dass man bei Preh in der Regel wesentlich besser war, als jene 6 dB Gleichlauf, erlaubte es Studer, seine Pulte der 169er- und auch 961er-Reihe beispielsweise im Klangregelnetzwerk und in den Ausspielwegen mit Standardpots aus Oberfranken auszustatten. Dennoch stänkerte die betroffene professionelle Praxis (darunter auch ich) an der Identität dieser Pots vornehmlich dann herum, wenn sie in Hauptmikrofongruppen identische Klangkorrekturen anzubringen hatte. Die waren bei identischer Potstellung nämlich keineswegs notwendigerweise gleich...
Auch du solltest daher zur Überprüfung des Verhaltens deiner Pots einen Sinus-Generator parallel an beide Aux-Eingangsbuchsen deiner A77 legen und die Eingangspots auf Rechtsanschlag drehen. Wenn du nun den Ausgangspegel des Generators langsam von Null an erhöhst, siehst du, ob die VU-Meter identische Werte anzeigen. Sollte dem nicht so sein, wird man der Sache sinnvollerweise nachgehen, weil dann vermutlich irgendjemand vor deiner Zeit Hand angelegt hat.
Hans-Joachim