Ich zitiere der Übersichtlichkeit halber die Sätze, die diese ganze Diskussion ausgelöst haben:
"Die bei der Aufnahme aufgerichteten Magnetpartikel werden explosionsartig in alle Richtungen "verbogen". Bei der HF-Löschung werden diese wieder brav aufgerichtet wie englischer Rasen und mit dem Aufnahmetonkopf neu moduliert."
Die Grenze zwischen zulässiger Vereinfachung und falscher Darstellung ist fließend, im vorliegenden Fall überschritten. Ohne meine Reklamation (so im Affekt sie auch geschrieben ist; hat übrigens jemand den Satzteil „
wenn er diesen Unfug ernst meint“ gelesen?) stünden die Pigmentteilchen noch da „wie englischer Rasen“. Dieses „Kompaßnadel-Modell“ – Hoechst machte damit etwa in den 1980er Jahren Werbung für seine Magnetband-Trägerfolien – ist nicht einmal kindergartentauglich.
Nochmal: ihre letztmalige Orts- oder Lageveränderung machen die Pigmentteilchen dort, wo sie unmittelbar nach dem Guss auf die Trägerfolie – so lange die Bindelacke noch nicht trocknen – vom Richtmagneten in Laufrichtung des Bandes ausgerichtet werden (Ausnahme: Videoband 2 Zoll, hier eher quer zur Laufrichtung). Danach behalten sie ihre Lage bei – es wäre ja noch schöner, wenn diese höchst vorteilhafte Ausrichtung hinterher sozusagen nach Belieben wieder durcheinandergebracht würde.
Zum nachgeschobenen Erklärungsversuch
„Diese "Bewegungen" der Magnetpartikel sind nicht sichbar, aber unter dem Elektronenrastermikroskop“ (wie sollte der Satz enden?). Schön, dass C. ein ihn scheinbar bestätigendes Fachbuch aufgetrieben hat, das einigermaßen unklar die Rüttelthese zu vertreten scheint – es hilft nichts, auch dieser Autor irrt bzw. verbreitet falsche Vorstellungen. (Liegt es mir oder an der Suchfunktion, dass ich die Stichworte „verbogen werden“ bzw. „zurückbiegen“ nicht finde?) Wer sich genauer informieren will: siehe z.B. Winckel, Technik der Magnetspeicher, als erstes den Beitrag M. Kersten, „Magnetische Grundbegriffe“, sowohl in der 1. Auflage 1960 wie in der 2. Auflage 1976, dazu in der 1. Auflage alle Beiträge meines verehrten Mentors Friedrich Krones. Und schließlich: die Elektronenrastermikroskop(?)-Bilder zeigen nur die magnetische Feldrichtung der Pigmentteilchen, also keine Orts- oder Lage-Veränderung – das sollte man doch auseinanderhalten?
So richtig rund wurde die Sache aber erst dank einer bemerkenswerten Anweisung:
Das macht aber nur Sinn, wenn auch der BIAS voll aufgedreht wird …
Bias heißt auf gut deutsch „(HF-)Vormagnetisierung“, und der entsprechende Strom, Gogosch hat es ja schon moniert, fließt nur durch den Aufnahmekopf. Wer der Anweisung folgt, also „
den BIAS voll aufdreht“, hat hinterher das Vergnügen, den Arbeitspunkt (in allen Kanälen) neu einstellen zu müssen. Nutzen: mehr als fraglich. Zeitersparnis gegenüber dem „Durchlaufenlassen“ bei höchster verfügbarer Bandgeschwindigkeit? Kaum. Machbarkeit bei Nicht-Studiogeräten? Ebenfalls fraglich.
Die recht anschauliche Vorstellung vom Löschen ist doch die: vor dem Löschkopf-Spalt bildet sich ein Wechsel-Magnetfeld, das – kraft Bauart des Löschkopfs und Auslegung des Lösch-Oszillator(teil)s – das vorbeilaufende Magnetband zunächst in einer Magnetisierungs-Richtung bis weit in die Sättigung treibt (damit ist die Aufzeichnung definitiv gelöscht), dann, mit der nächsten Halbwelle des Löschstroms, in die andere Richtung. In dem Maß, in dem sich das Bandstück aus dem Löschfeld entfernt, nehmen dessen Amplituden ab, das Band wird also durch das kontinuierlich abklingende Feld „hin- und her“ magnetisiert, bis die Remanenz bei Null liegt. Die Angaben lauten meist „Löschdämpfung >70 dB“, weil Werte unter dieser Grenze nicht mehr praxisrelevant sind. Solange das Band nicht derart schnell läuft, dass es (stellenweise) nirgends in die Sättigung gerät, wird es immer zuverlässig gelöscht. Wenn man also partout mit überhoher Bandgeschwindigkeit löschen wollte, würde man doch eher auf die Erhöhung der Löschfrequenz tippen (damit die Entmagnetisierung in möglichst vielen Zyklen kontinuierlich verläuft) als auf eine Erhöhung des Vormagnetisierungsstroms durch den Aufnahmekopf? Aber auch hier: Zeitersparnis? Machbarkeit?
Beim Löschen in einer großen Löschspule (bulk eraser, auch „Gegausser“; besonders schön dazu:
http://old.likeyou.com/archives/gebhard ... alzk04.htm) wirkt ein „abklingendes magnetisches Wechselfeld“ und es passiert im Prinzip das gleiche wie am Löschkopf – nur muss man sich an die Anweisung halten, nach dem ersten Löschdurchgang das Band um 90° zu drehen und es dann nochmals zu löschen.
Nochmal Originalton:
„Auf Knopfdruck gab es einen Knall und das daraufliegende Band war leer - bis auf starkes Grundrauschen!“ Ja, von wegen.
Ob Löschkopf oder –spule, jetzt passiert nämlich etwas Bemerkenswertes: das Band ist, „hinsichtlich“ seiner Magnetisierung, im jungfräulichen Stadium (… dieser sexistische Fachjargon!). Das heißt, bevor das Band einen aktiven Aufnahmekopf passiert, rauscht es größenordnungsmäßig um 3 dB weniger als danach – die Differenz betrachtet man als das Modulationsrauschen der HF-Signals (nachträgliche Präzisierung: „als das von der Aufzeichnung der HF-Schwingung herrührende Modulationsrauschen“). Daher auch die scheinbar umständliche Messanweisung für den Geräuschspannungsabstand: „… des betriebsmäßig gelöschten und anschließend vormagnetisierten Magnetbandes“ (Christian, Normgemäße Meßverfahren der Magnettontechnik 2. Teil, FUNKSCHAU Heft 12/13 1976, Seite 531 ff.).
Meine Vorstellung wollte ich an der entsprechenden Stelle des Forums nachtragen, ich hatte das bisher vermieden und damit die Devise „Eigenlob stinkt“ wohl etwas überstrapaziert (Hugohabicht: meine Erziehung mag Lücken haben, aber sie ist abgeschlossen). Also nur zur Information: ich habe u.a. zwanzig Jahre lang die Audio-Magnetband-Datenblätter der BASF bzw. der BASF Magnetics produziert. Zu weiteren Vermutungen: Ich bin einer der Autoren (und der Produzent) des Buchs „Zeitschichten“, dessen dritte Ausgabe in diesem Forum am 16.12.2012 vorgestellt wurde, wenn auch unterm missweisenden Stichwort „ebook Bandmaschinen“, garniert mit der betont fairen Empfehlung „wer es braucht“.
Allerdings: die Suchfunktion des Forums nach diesem Beitrag führt ins Leere. Dank sei Google: gibt man die URL des Buchangebots ein, liefert die oft gescholtene Suchmaschine:
eBook: Bandmaschinen - Das STUDER und ReVox Forum
forum.studerundrevox.de/viewtopic.php?f=15&t=2709
16.12.2012 - 1 Eintrag - 1 Autor
gefunden im Net:
http://www.beam-ebooks.de/ebook/40085.
Für einen knappen 20er gibt es dieses Buch im Datenformat für das eBook - wer ...
Klickt man auf das kleine Dreieck hinter der Zahl 2709 und ruft anschließend den Cache auf, erscheint der Beitrag wieder. Ich erinnere mich, ihn innerhalb der letzten vier Wochen noch im Forum gesehen zu haben. Nun ist es hier offenbar möglich, (eigene?) Beiträge zu löschen. Was mag da wohl der Grund gewesen sein? Screenshots liegen vor.
Konsequenz: Mit einem verständnissatten Gruß an P…x verabschiede ich mich aus der aktiven Arbeit in diesem Forum. Ich wollte noch zu einigen Beiträgen teils Ergänzungen beisteuern, teils kritische Kommentare abgeben, aber die Aussicht, für eine relativ überschaubare Gruppe noch einmal gegen den allgegenwärtigen Foren-Doyen anschreiben zu müssen, hält mich davon ab, noch mehr Zeit und Arbeit zu investieren.
Kleines Bonbon zum Schluß: NAB heißt keineswegs National Ameri
kan Broadcast, sondern – wikipedia lebe!
http://de.wikipedia.org/wiki/NAB: National Association of Broadcasters.
F.E.